Das mit einem Durchmesser von 305 Metern weltgrößte Radioteleskop bei Arecibo in Puerto Rico fing im Mai letzten Jahres eine Serie von zehn Radioblitzen ein. Was der Auslöser für das Ereignis war, bleibt vorerst im Dunkeln.

Illu.: Danielle Futselaar

Montreal/Wien – Sie zählen zu den großen ungelösten Rätseln der Astrophysik: kurzzeitige, hochenergetische Radioblitze in fernen Galaxien, die in den vergangenen zehn Jahren kaum mehr als ein Dutzend Mal beobachtet werden konnten. Hochrechnungen weisen allerdings darauf hin, dass es pro Tag zu durchschnittlich 10.000 dieser sogenannten "fast radio bursts" (FRB) kommt. Die Schwierigkeit besteht darin, die Teleskope im entscheidenden Moment auf den richtigen Punkt am Himmel auszurichten.

Wo kommen sie her? Welche kosmischen Vorgänge lösen sie aus? Bisher bleiben die Antworten darauf allenfalls Spekulation. Klar scheint nur, dass bei ihrer Entstehung enorme Kräfte im Spiel sind: Die Energiemenge, die bei den Blitzen von nur wenigen Millisekunden Dauer frei wird, spricht für eine Beteiligung von Schwarzen Löchern, Neutronensternen oder womöglich noch exotischeren Objekten, vermuten Forscher.

Was den möglichen Ursprung von Radioblitzen betrifft, schien eine am 18. April 2015 geglückte Beobachtung erstmals entscheidende Hinweise zu liefern. Laut der vergangene Woche dazu veröffentlichten Nature-Studie sei die Quelle des FRB in einer rund sechs Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie ausgemacht worden. Mittlerweile haben Fachkollegen erhebliche Zweifel an diesem Ergebnis angemeldet. Die identifizierte Galaxie dürfte sich eher zufällig in der Sichtlinie der Radioteleskope befunden haben und stehe in Wahrheit in keinem Zusammenhang mit dem Radioblitz FRB 150418, glauben Astrophysiker des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und der Ohio University.

Ausbruch in Serie

Eine nun von internationalen Astronomen präsentierte Beobachtung scheint das Mysterium rund um die schnellen Radioblitze noch weiter zu vertiefen: Nicht ein einzelner, sondern gleich eine ganze Serie von insgesamt zehn aufeinanderfolgenden Ausbrüchen gleichen Ursprungs ist den Astrophysikern gleichsam ins Netz gegangen. Der überraschende Fund stellt die bisherige Annahme infrage, wonach FRBs ähnlich wie Gammastrahlenausbrüche von einem einmaligen, kataklystischen Ereignis herrühren könnten.

Die Radioblitzkaskade wurde im Mai 2015 mit dem Arecibo Radio Telescope in Puerto Rico eingefangen, aber erst im November in den Beobachtungsdaten entdeckt. Laut der Erstautorin der ebenfalls in Nature erschienenen Studie Laura Spitler (Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn) weisen die gesammelten Daten darauf hin, dass es möglicherweise zumindest zwei unterschiedliche Arten von FRBs gibt.

"Nicht nur ihr mehrmaliges Auftreten ist bemerkenswert", sagt Spitler. "Auch die Helligkeit und Spektren dieser Ausbrüche unterscheiden sich von den bisher beobachteten Blitzen." In einem nächsten Schritt hoffen die Wissenschafter, den Ursprung der Ausbruchsserie ausfindig zu machen. Dafür bedürfte es allerdings eines bedeutend höheren Auflösungsvermögens, als das Arecibo-Observatorium liefern könnte. (Thomas Bergmayr, 2.3.2016)