Vancouver – Pflanzen, Tiere, Pilze, alle höheren Lebensformen existieren, weil ihre Zellen bedeutend komplexer aufgebaut sind als jene von Bakterien. Eukaryotische Zellen sind größer, besitzen einen Kern und hunderte Organellen, die sie am Leben erhalten. Nun haben kanadische Forscher die Urform eines Gens identifiziert, das für einen bedeutenden Unterschied zwischen bakteriellen und eukaryotischen Zellen verantwortlich ist – und damit die Evolution von höherem Leben auf der Erde erst ermöglichte.
Das Gen, dem wir so viel zu verdanken haben, kodiert eine große Anzahl von mächtigen Signalmolekülen. Die hochinteraktiven Proteinkinasen sind vor allem für den Informationstransfer innerhalb der Zelle verantwortlich. Ihre Funktion lässt sich mit jener der Neuronen im Gehirn vergleichen, in diesem Fall sorgt allerdings die sogenannte Proteinphosphorylierung für die innerzelluläre Informationsvermittlung.
Wegen ihrer großen Ähnlichkeit untereinander vermuten Wissenschafter bereits seit über 30 Jahren, dass die meisten Proteinkinasen auf einen gemeinsamen genetischen Ahnen zurückgehen. Steven Pelech und sein Team von der University of British Columbia verglichen für ihre Studie die rund 500 menschlichen Proteinkinase-Gene und fanden dabei eine Urform, die vermutlich aus der Mutation eines bakteriellen Gens für die Proteinsynthese hervorging.
Basis für mehrzelliges Leben
Weil aus dieser frühen Zeit des Lebens nichts mehr erhalten ist, lässt sich der Zeitpunkt der Mutation allenfalls eingrenzen: Heute geht man davon aus, dass eukaryotische Zelle erstmals vor 1,7 bis 2,7 Milliarden Jahren in Erscheinung traten. Ihre Bedeutung für die weitere Evolution steht für Pelech dagegen fest: Die Fähigkeit, innerhalb einer Zelle Informationen auszutauschen, hat ihr nicht nur zu größerer Komplexität verholfen, sie bildet auch die Basis für größere Zellverbände mit Aufgabenteilung, schreiben die Forscher im "Journal of Biological Chemistry".
"Wenn diese Mutation vor Milliarden Jahren nicht passiert wäre, würde das heutige Leben völlig anders aussehen", meint Pelech. "Wahrscheinlich wäre die höchst entwickelte Lebensform immer noch Bakterienschleim." (tberg, 6.3.2016)