Foto: AFP
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Eigentlich hätte Léon Tamboite Priester werden sollen. Soweit zumindest der Plan seiner Eltern. Doch der 1879 in Ucel, in Frankreich, geborene Léon entdeckt rasch seine Liebe zur Kunst, und 1901 jene zu Joséphine, mit der er kurzerhand Reißaus nimmt. Erst flüchten die beiden nach Marseille, dann nach Tunis. Als sie 1904 in Paris am Ende ihrer Reise ankommen, sind die beiden auch schon verheiratet.

Léon beginnt 1905 bei Francaise Diamant, einer Fahrradmanufaktur zu arbeiten. Nebenbei malt er. So lernt er den Künstler Maurice de Vlaminck kennen, der ihm irgendwann erzählt, dass er davon träume, Fahrräder zu bauen, auf die Art, wie Skulpturen geschaffen werden: Symbole der Freiheit. Ab 1912 produzierten die beiden ihre Fahrräder unter dem Namen "Rich".

Léon Tamboite und Maurice de Vlaminck vor ihrem Geschäft.
Foto: Maison Tamboite Paris

Auch wenn es 1919, als Léon nach dem Krieg wieder quasi von vorne beginnen musste, gar nicht danach aussah, war die Idee Fahrräder zu bauen, eine gute. Sein Sohn stieg bald ins Geschäft ein und als der Enkel Maurice einstieg wurde benannte die Familie das Unternehmen um: "Maison Tamboite".

Das Who-ist-Who in der Kundendatei

Die Kundendatei der Blütezeit liest sich wie die Zusammenfassung der Pariser-Seitenblicke-Revue: Joséphine Baker, Marlene Dietrich, Maurice Chevalier, Edith Piaf, Lino Ventura oder Coluche findet man dort.

Heute erzeugt in der "Maison Tamboite" der Ur-Enkel von Léon Tamboite, Frederic Jastrzebski, Fahrräder. Nein, man muss schon fast sagen: "Kunstwerke aus Stahl, Leder und poliertem Holz".

Frederic Jastrzebski mit dem Damen-Stadtfahrrad Dalou.
Foto: AFP

Dass hier keine Maschinen am Werk sind, sieht man auf den ersten Blick. Das Leder, das die Bremszüge überzieht ist von Hand genäht, und man mag sich gar nicht ausmalen was passiert, wenn der edle Schonbezug Wind und Wetter, oder gar Wasser ausgesetzt werden würde.

Holz, Leder und Stahl

Die Rahmen werden nicht zugekauft, sondern selbst designt und geschweißt. In den Sattel ist das Monogramm der Maison Tamboite gelocht. Wie Kunstwerke stehen die Räder in der Maison Tamboite. Und wenn man auf das dunkle Holz der Felgen schaut, dann denkt man sich leicht einmal, dass dieses Rad besser zur Wohnzimmereinrichtung passt, als auf den holprigen Radweg, wo man ihm gach die Sprießeln aus dem Holz schlägt.

Die Züge mit Leder ummantelt, die Laufräder aus Holz, so hängt das Fahrrad Marcel wie ein Bild im Fenster.
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Dabei lassen sich die Räder sicher gut fahren. Maison Tamboite bietet sie auch auf Kundenwunsch mit einem dezent E-Zusatzantrieb an. Gebremst wird gerne über Scheibenbremsen, sowohl vorne als auch hinten. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Apropos. Derzeit umfasst die Kollektion drei Fahrräder. Dalou ist ein Stadtrad für Damen, Henri eines für Herren und der Renner ist Marcel, ein Herren-Sportrad. Die Preise erfährt man auf Anfrage. Ab rund 10.000 Euro geht es los, wenn man so ein exklusives Luxusrad erwerben möchte. Das zahlerte man für eine andere, sehr schöne Skulptur auch bald einmal. (Guido Gluschitsch, 8.3.2016)