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Trotz Aufklärungsarbeit ist das "soziale Aids" in Österreich noch immer weit verbreitet. Diskriminierung und Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen ist alltäglich.

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Im Jahr 2015 hat es in Österreich 428 HIV-Neuinfektion gegeben. Wenn Menschen die Diagnose erhalten, stellen sich viele Fragen. Wem erzähle ich von der Infektion, muss ich meinen Arbeitgeber informieren? Was kommt auf mich zu? Trotz Aufklärungsarbeit ist in Österreich das "soziale Aids" noch immer weit verbreitet. Diskriminierung und Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen ist immer noch an der Tagesordnung. "Viele junge Menschen haben, wenn bekannt ist, dass sie HIV positiv sind, weniger Chance auf einen Arbeitsplatz oder verlieren den Arbeitsplatz sogar", sagt Life-Ball-Organisator Gery Keszler im Interview mit der APA.

Seit 2011 bietet die Aids Hilfe Wien für infizierte Menschen, die am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen wollen, Unterstützung. Derzeit nehmen 41 Klienten – 14 Frauen und 27 Männer – das Angebot in Anspruch. "Viele Menschen mit HIV stehen sehr erfolgreich im Berufsleben, aber nicht alle. Manche sind auf Jobsuche, andere werden im beruflichen Alltag diskriminiert", sagte Isabell Eibl, Leiterin der Abteilung Prävention der Aids Hilfe Wien. Dass die Betroffenen wieder "an sich selbst glauben, neue Aufgaben bekommen", ist Eibl besonders wichtig. Laut Sepideh Hassani von der Abteilung "Prävention im Arbeitsleben und Antidiskriminierung" sind etwa 80 Prozent der HIV positiven Menschen in Österreich im erwerbsfähigen Alter.

Keszler spendet Dancing-Stars-Gage

"Niemand soll Angst haben", meint Gery Keszler, der seine Gage für die ORF-Show "Dancing Stars" dem Projekt zugutekommen lassen will. Es sei ein Paradoxon, zwar habe sich in den vergangenen Jahren – vor allem am medizinischen Sektor – viel getan, aber das "soziale Aids", die Tabuisierung, die wüte nach wie vor. "Und da muss man massiv was tun. Solang sich diese Situation nicht ändert, wird man Aids auch nicht besiegt haben", sagte Keszler, der seine HIV-Infektion im vergangenen Jahr öffentlich gemacht hat. Danach wurde ein starker Anstieg bei den anonymen HIV-Tests bei den österreichischen Aidshilfen registriert. "Allein nur das hat mich sehr, sehr glücklich gemacht", so Keszler.

Die wichtigsten Fragen rund um das Thema HIV und Arbeit – beantwortet von der Aids Hilfe Wien:

Frage: Gibt es Berufe, die HIV-positive Menschen nicht ausüben dürfen?

Antwort: Ja, Sexarbeit mit einer HIV-Infektion auszuüben, ist per Gesetz verboten. Menschen die zu Sexarbeit in Wien berechtigt sind, müssen regelmäßige engmaschige Kontrollen im STD-Ambulatorium der Stadt Wien durchführen lassen. Sie erhalten dort einen Ausweis als Bestätigung (densogenannten Deckel, Anm.), legal arbeiten zu dürfen.

Frage: Muss man sich einem HIV-Antikörpertest unterziehen, wenn der Arbeitgeber es verlangt?

Antwort: Nein, denn ein solches Verlangen ist unzulässig. Der Arbeitgeber kann lediglich anbieten, dass sich der Arbeitnehmer bei dem Betriebsarzt einem HIV-Test unterziehen kann. Man kann dazu aber nicht verpflichtet werden. Der Betriebsarzt unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht. Ein positivesTestergebnis darf er dem Arbeitgeber nicht mitteilen. Dem Arbeitnehmer muss das Testergebnis im Rahmen einer eingehenden persönlichen Aufklärung und Beratung mitgeteilt werden.

Frage: Berechtigt die HIV-Infektion zu einer Kündigung seitens des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin?

Antwort: Nein, eine HIV-Infektion kann nicht als Begründung für eine Kündigung herangezogen werden. Allerdings ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Angabe von Gründen möglich, wobei der allgemeine Kündigungsschutz zu beachten ist (z.B. allfällige Zustimmungserfordernis des Betriebsrates, sozialwidrige Kündigung, Sozialvergleich). Auch in diesem Fall kann die Kündigung angefochten werden, und wenn der Tatbestand eines "verpönten Motivs" besteht, kann vom Arbeitgeber Schadenersatz gefordert werden.

Frage: Ist der Betriebsarzt an die Schweigepflicht gebunden?

Antwort: Ja, das Arbeitnehmerschutzgesetz schreibt ausdrücklich vor, dass der Betriebsarzt zur Wahrung der ihm von den Arbeitnehmern anvertrauten oder ihm bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet ist. Hier entsteht bei Betriebsärzten nicht selten ein Loyalitätskonflikt. Manche Betriebsärzte fühlen sich mehr ihrem Arbeitgeber als den Patienten verpflichtet. Bei Verletzung der Schweigepflicht begehen Betriebsärzte eine durch Paragraf 121 StGB mit Strafe bedrohte Handlung, soweit nicht die Tat gemäß Paragraf 121 Abs. 5 StGB gerechtfertigt ist.

Frage: Gibt es ein Grundrecht auf Datenschutz?

Antwort: Ja, das gibt es. Die Verfassungsbestimmung des Paragraf 1 Datenschutzgesetz (DSG) schreibt vor: "Jedermann hat Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat."

Frage: Bei Anamnesebögen in Ambulanzen oder bei niedergelassenen Ärzten wird oft nach dem HIV-Status gefragt, muss man darauf wahrheitsgemäß antworten?

Antwort: Nein, auch bei Behandlungen gilt, dass der Arzt nur über jene Faktoren Bescheid wissen muss, die für die Behandlung notwendig sind. So sind etwa Angaben zur Medikation wahrheitsgemäß zu beantworten, wenn der Arzt ein weiteres Medikament verschreibt. Für eine reguläre zahnärztliche Behandlung ist der HIV-Status irrelevant. Im Rahmen einer Operationsfreigabe wird in der Regel der HIV-Status erhoben.

Frage: Muss man seinen HIV-Status einem Sexualpartner bekannt geben?

Antwort: Die Safer-Sex-Regeln müssen unbedingt eingehalten werden. HIV-positive Personen sind rechtlich dazu verpflichtet, den Sexualpartner vor einer HIV-Infektion zu schützen. Der freiwillige, einvernehmliche Sexualkontakt und der damit verbundene entsprechende Schutz beruht auf der Eigenverantwortlichkeit jeder einzelnen Person. Im Falle eines Kondomunfalls ist der Sexualpartner über das Infektionsrisiko zu informieren, um ihn oder sie auf die Möglichkeit einer PEP (Postexpositionsprophylaxe, Anm.) hinzuweisen. (APA, red, 4.3.2016)