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Alles richtig gemacht: Dabei bleibt der Mann heute noch, auch wenn Experten das etwas anders sehen.

Foto: Reuters/GRIPAS

New York/Washington- "Der großartigste Zentralbanker in der Weltgeschichte", hieß es in den Lobeshymnen der Politiker noch, als die USA Greenspan zur Jahrtausendwende für weitere vier Jahre an die Spitze der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) beriefen. Der damals bereits seit 13 Jahren amtierende Fed-Chef galt in der Welt des Geldes als Maß aller Dinge, genoss Kultstatus an den Finanzmärkten und hatte die Rückendeckung sowohl von Republikanern als auch von Demokraten.

Der Mann hinter dem Geld schien unantastbar – die Märkte feierten ihn als Orakel und Maestro. Als solcher hat er ab den späten 1990er-Jahren Krisenherde mit Geldspritzen erstickt, wobei die Dosis von Mal zu Mal gesteigert wurde. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise Anfang 2009 reduzierte sein Nachfolger Ben Bernanke den Leitzins bis an die Nulllinie. Mit der Finanzkrise kam auch Greenspans persönlicher Absturz.

Das Genie, dem Konjunktur und Inflation zu gehorchen schienen, wurde zum Sündenbock. An seinem 90. Geburtstag heute Sonntag steht Greenspans Name vor allem für eine fahrlässige Niedrigzinspolitik, die einem verheerenden Crash den Boden bereitete.

Greenspan hat seinen Job von Paul Volcker übernommen. Der in New York aufgewachsene Sohn eines Börsenmaklers hatte 1977 an der New York University promoviert. 1987, direkt nach seinem Amtsantritt bestand er quasi die Feuertaufe mit dem als "Schwarzer Montag" in die Finanzgeschichte eingegangenen Börsenbeben. Die Fed öffnete die Geldschleusen, um die Panik der Anleger mit expansiver Liquidität zu kontern.

Die Methode wirkte. Greenspans Erfolg hielt an – unter seiner geldpolitischen Führung legte die US-Wirtschaft eine der längsten Boomzeiten hin. Anfang 2000 beschrieb der "Economist" den Notenbanker als "Allmächtigen" der Finanzwelt: "Investoren verlassen sich so sehr auf Greenspans magische Hand, dass sie die Aktien in der Annahme hochbieten, dass er sie schon retten wird, wenn es schief geht."

Es dauerte noch sieben Jahre bis zum Absturz. Als der Terroranschlag auf das World Trade Center 2001 die Börsen erzittern ließ, griff Greenspan zur bewährten Medizin – und senkte die Leitzinsen. Es wirkte. Heute sieht die Expertenwelt die Sache weitgehend so: Die Geldschwemme aus dem Greenspan-Tropf war ein Wegbereiter der Spekulationsblasen, die 2007 zum Zusammenbruch des Häusermarktes und dann zum konjunkturellen Kollaps führten. Die schlimmste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit fiel aber nicht mehr in Greenspans Amtszeit. Er ging 2006 in Pension – die Aufräumarbeiten übernahm sein Nachfolger Ben Bernanke. Teilweise ist auch die jetzige Fed-Chefin Janet Yellen noch damit beschäftigt. Fehler gesteht Greenspan aber nicht ein – er habe schließlich wiederholt vor Übertreibungen an den Immobilien- und Kreditmärkten gewarnt. (APA/dpa/red, 6.3.2016)