Thai, maxigut: Supnnada "Piano" Plupthong schupft den Laden, Mutter Mon und Köchin Chiranan "Dai" Phrommetta die Küche.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die grandiose, aufwendige thailändische Küche wird nun in der Josefstadt gekocht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Na eh, der Vorspann hört sich nach unbedingter Empfehlung an. Die Wirklichkeit ist aber, wie stets, komplexer, zum Beispiel weil das Mamamon, das Mitte Dezember im Ludo-Hartmann-Hof an der Albertgasse eröffnete, so mini ist, dass man oft jetzt schon warten muss, bis ein Hocker frei wird – und zwar, obwohl sich die Bude mit ihren zugigen Fenstern, den brustschwachen Elektroradiatoren und der Frittierfreude von Küchenchefin Dai bar jeder Gemütlichkeit präsentiert.

Dafür lässt sich eine fragile Balance aus Hingabe, kulinarischer Virtuosität und asketischer Möblierung erleben, die leicht Schaden nehmen könnte, wenn Horden wohlmeinender Ethnoküchenfreaks plötzlich um den Block stehen, um die vor Ort fermentierte, zart säuerliche Schweine-Reiswurst zu kosten – die dann aber eh schon wieder aus sein wird. Also: Ohne Reservierung sollte man gar nicht versuchen, ein Plätzchen zu ergattern. Es gibt einen einzigen Tisch, an dem bis zu acht schmale Esser Platz finden, außerdem zwei Fensterborde und eine Budel, an der sich vielleicht auch noch drei Gäste einschlichten können.

Neuer bester Thai

Mehr geht nicht, dafür ist die Stimmung umso besser: Da sorgt der handfeste Charme von Betreiberin Piano Plupthong in perfektem Englisch dafür, aber auch skurril gut gecoverter Thai-Pop und Funk, der via Smartphone aus einem umgebauten Koffer schallt und einen schon beim Eintreten mit auf die Reise nimmt. Am einfachsten und angenehmsten wäre es wohl, solche Schätze gar nicht erst publikzumachen.

Nur: Wenn ein neuer bester Thai der Stadt aufsperrt, dann liegt das irgendwie schon im öffentlichen Interesse. Schließlich wird diese grandiose, aufwendige Küche in unseren Breiten kaum je in ernsthafter Form gekocht. Piano, die wegen ihres schwedischen Ehemanns nach Wien kam (er werkt hier bei einer internationalen Organisation), und Mutter Mon ("Mamamon") haben die vergangenen Sommer über beim Adria am Donaukanal in reduzierter Form thailändisches Essen serviert, auch heuer soll es ab April wieder so sein. In der Albertgasse aber können die Damen sich der Aromendichte ihrer Heimat auf eine Art widmen, die über schnelle Snacks hinausgeht.

Laab uns heute

Knusprig frittierte Küchlein aus Garnele und Wasserkastanie etwa, von faszinierend knackiger Konsistenz, mit einer süchtig machenden Chili-Zwetschken-Salsa. Oder die hausgemachte Wurst aus fermentiertem Schwein und Reis, vor Aroma schillernd, dass einem ganz schwindlig wird. Oder Laab, eine Art lauwarmer Salat aus würzig-scharfem Faschiertem von der Ente, mit Massen an Minze, Koriander, Limette und knusprigem Pulver aus geröstetem Klebreis – wahrscheinlich das Tollste, was sich aus Hackfleisch machen lässt.

Papaya-Salat, von süchtig machender Frische, wird mit eingesalzenen Süßwasserkrabben, mit unerhört cremigem, gesalzenem Entenei (grandios!) oder mit winzigen luftgetrockneten Shrimps serviert – will man alles haben. Curry gibt es täglich nur eines, dafür mit frisch gemörserter Gewürzmischung, da gehen plötzlich Geschmackbögen von feinstabgestimmter Intensität auf. Khao Soi, eine Art dicke Kokos-Currysuppe mit Hendl-haxl, ist vielleicht das Allertollste: Wie mollig sich die Wucht der Gewürze im seidigen Kleid der Kokossuppe versteckt, wie überraschend die untermischten Senf-Pickles für frische säuerliche Noten sorgen, wie herrlich bissfest sich die Eiernudeln einschlürfen lassen: groß.

Dazu gibt es allerhand Biolimos und eine mächtige Auswahl an Bier, von Tegernseer über Flensburger und Erzbräu bis zu Martha Krieger, Leo und natürlich Chang. Bitte diesen zarten Ort mit gebührendem Respekt zu behandeln, kòbkûn ká! (Severin Corti, RONDO, 11.3.2016)