"Wiener Irisstrauß" von Jan Brueghel dem Älteren (1568–1625).

Foto: KHM-Museumsverband

Die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn bildete das berühmte Gemäde nach. Die Pflanzen blühen in freier Natur zwischen Jänner und Oktober, aber nicht zur gleichen Zeit. Eine 100-prozentige Übereinstimmung sei daher nicht realisierbar.

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Jan Brueghel der Ältere (1568–1625) gilt bis heute als Star unter den Blumenmalern und der um 1607 datierte "Wiener Irisstrauß", auch der "Kleine Blumenstrauß" genannt, als eines der qualitätsvollsten Werke dieser Kategorie. Über die Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms gelangte das im Inventar als "een porcelanes Blumenkrügel von Öhlfarb auff Holcz, warin Tulipanen, weisze vnndt rothe Roszen, wie auch andere Blumen" beschriebene Gemälde in den Bestand des Kunsthistorischen Museums (KHM).

Dessen 125-Jahr-Jubiläum nahm die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt (HBLFA) für Gartenbau Schönbrunn jetzt zum Anlass, dieses Bukett unter Verwendung realer Blumen möglichst originalgetreu nachzubilden. Auf den ersten Blick ist das einfacher erdacht als umgesetzt. Denn die hier versammelten Pflanzen repräsentieren eine über sieben Monate währende Vegetationsperiode, sie blühen in freier Natur je nach Art zwischen Jänner und Oktober, aber nicht zur gleichen Zeit.

Brueghel selbst griff bei diesem Arrangement auf Vorlagen aus eigenem Studienbestand und zeitgenössischen Florilegien zurück. Das dürfte auch erklären, warum die Proportionen einzelner Blüten (unter anderen Ringelblume und Pfingstrose) teils nicht mit der Realität übereinstimmen.

Schönheit dank Viruserkrankung

In manchen seiner Bilder sind mittlerweile ausgestorbene Sorten dokumentiert, etwa auch die legendäre gestreifte Tulpe, die ihre Schönheit einst einer Viruserkrankung verdankte. Bei vorliegender Komposition konnten aus 46 in der Fachliteratur bekannten Arten 43 zweifelsfrei identifiziert werden.

Eine 100-prozentige Konkordanz, betont HBLFA-Projektleiterin Michaela Oberaigner, sei aus saisonalen Gründen nicht realisierbar. Die mit ihrem Floristikjahrgang angepeilte Quote liegt bei 80 Prozent, aber selbst die ist eine Herausforderung. Die auf ihren "Auftritt" bereits vergangene Woche vorbereitete Pfingstrose verweigert die Blüte. Zu Improvisieren galt es wiederum bei der Iris: Für die ursprünglich von einem französischen Händler zugesagte, aber nicht gelieferte originale Sorte dient nun eine italienische als Ersatz. Dazu kommt die zur Vanitassymbolik des Gemäldes passende reale Vergänglichkeit: In der Wärme des Scheinwerferlichts neigen die Blüten der Wildpflanzen schnell die Köpfchen.

Weniger empfindlich ist der im Laufe des Jahres erblühende virtuelle Blumenstrauß mit obligatem botanischem Lexikon. Neben der Nachbildung des Buketts lief auch ein zweijähriges Forschungsprojekt an, über das die natürlichen Blühzeitpunkte dokumentiert und über klimatische Simulation im Gewächshaus erprobt werden. Die daraus gewonnenen Daten, erklärt HBLFA-Projektleiter Andreas Fellner, ermöglichen künftig gezielte gärtnerische Kulturführung. Ja, auch im Hinblick künftiger Bukettrekonstruktionen nach Brueghel-Vorbild. (Olga Kronsteiner, 10.3.2016)