Die Türkei will Flüchtlinge, die schon in Griechenland sind, nicht zurücknehmen.

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Ankara/Athen – Mit den mittlerweile 42.000 neuen Flüchtlingen in Griechenland will die Türkei nichts zu tun haben. Das machte der türkische Europaminister und Unterhändler bei den Beitrittsverhandlungen, Volkan Bozkir, klar. Die Flüchtlinge, die bereits auf die griechischen Inseln gekommen sind, seien nicht Teil des Abkommens mit der Türkei, auf das sich die EU bei ihrem nächsten Gipfeltreffen am 17. und 18. März verständigen will.

Die Rücknahme von Flüchtlingen werde erst beginnen, wenn jene, die bereits in Griechenland sind, über andere EU-Länder verteilt werden, sagte Bozkir in einem Gespräch mit der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Den EU-Staaten würde auch nicht erlaubt werden, bei der Umsiedlung syrischer Kriegsflüchtlinge aus der Türkei bestimmte qualifizierte Kandidaten wie Ärzte oder Ingenieure auszuwählen. Start für die Umsetzung des geplanten Abkommens sei der 1. Mai, bekräftigte der Minister.

53 Reformen ausständig

Während der Haushaltsdebatte im türkischen Parlament ging Regierungschef Ahmet Davutoglu am Mittwochabend ebenfalls auf das anvisierte Flüchtlingsabkommen mit der EU_und die Aufhebung des Visazwangs für türkische Staatsbürger ein. So müssten bis 1. Mai noch 53 Reformen aus dem Fahrplan der EU-Kommission zur Visa-Liberalisierung in Gesetzesform gebracht werden, erklärte Davutoglu. "Lassen Sie uns das gemeinsam tun", rief der Premier die Oppositionsparteien im Plenum auf.

Positiver EU-Bericht

Die EU-Kommission begann Ende 2013 mit der Türkei die Arbeit an einer schrittweisen Aufhebung des Visazwangs. Dabei wurde ein Katalog mit insgesamt 72 Maßnahmen festgelegt. Sie reichen von der technischen Sicherheit von Dokumenten über das Management von Migranten und der Grenzkontrollen zur Frage der Rücknahme illegaler Immigranten aus der EU.

Ein neuer Zwischenbericht der Brüsseler Kommission über die Umsetzung dieses Katalogs war vergangene Woche mit bemerkenswert positiven Schlussfolgerungen veröffentlicht worden. Tatsächlich aber ist derzeit nur die Hälfte der 72 Reformmaßnahmen, die Brüssel von Ankara fordert, erfüllt oder fast erfüllt, wie aus dem technischen Annex des Zwischenberichts hervorgeht. Die türkische Regierung wünscht die Aufhebung der Visapflicht bei Reisen in die Schengenzone nun bereits für Juni. (Markus Bernath, 11.3.2016)