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Möglicherweise könnte das nun entdeckte Bakterium Ideonella sakaiensis 201-F6 dazu beitragen, den wachsenden Flaschenberg abzubauen.

Foto: AP/Mohammed-Ballas

Kioto/Wien – Gemessen an der Weltjahresproduktion, leben wir seit geraumer Zeit im Plastikzeitalter: Über 300 Millionen Tonnen Kunststoff werden jährlich produziert. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) schätzt, dass etwa 100 Millionen davon jedes Jahr in den Ozeanen landen und sich dort, in Form kleinerer und größerer Fragmente, zu hauptsächlich oberflächlichen Ansammlungen von kontinentaler Größe vereinen. Die Auswirkungen sind nicht nur in ökologischer Hinsicht verheerend: Kleinste Plastikpartikel gelangen in die Nahrungskette und landen schließlich – etwa in Meeresfischen – auf unseren Tellern.

Die Natur zeigte sich bisher wenig hilfreich bei der Beseitigung dieser Abfallberge. Insbesondere Polyethylenterephthalat, jenes Material also, aus dem herkömmliche PET-Flaschen bestehen und das rund 20 Prozent des jährlichen Plastikmüllaufkommens ausmacht, bleibt für Jahrhunderte im Nahrungskreislauf. Im Unterschied zu leichteren Materialien wie Polyethylen und Polypropylen, sinkt PET im Meer allerdings zu Boden, was es mindestens ebenso problematisch macht wie die Kunststoffe der an der Oberfläche treibenden Müllstrudel. Damit eine PET-Flasche vollständig abgebaut wird, müssen mindestens 400 Jahre vergehen, wie jüngste Untersuchungen ergaben. Die einzigen bisher bekannten Organismen, die diesen Zerfallsprozess beschleunigen können, waren Pilze.

Bakterien futtern PET

Dank einer Entdeckung japanischer Wissenschafter zeichnet sich nun aber auch bakterielle Unterstützung ab. Ein Team um Shosuke Yoshida vom Kyoto Institute of Technology hat festgestellt, dass die Mikrobe Ideonella sakaiensis 201-F6 PET abbauen kann. Die Forscher entnahmen für ihre im Fachjournal "Science" präsentierte Studie in der Umgebung einer Recyclinganlage für PET-Flaschen 250 Umweltproben und analysierten diese im Labor.

Dabei identifizierten die Wissenschafter bei dem Bakterium zwei Enzyme, die Polyethylenterephthalat über Zwischenschritte zu Terephthalsäure und Glykol abbauten – beide Substanzen sind für die Umwelt ungiftig.

Die Versuche zeigten allerdings auch, dass der bakterielle PET-Abbau ein langwieriger Prozess ist: Für die Vernichtung eines dünnen Plastikfilms benötigte Ideonella sakaiensis 201-F6 bei 30 Grad Celsius rund 60 Wochen.

Dennoch könnte sich das Bakterium künftig für das PET-Recycling als nützlich erweisen: Uwe Bornscheuer von der Universität Greifswald erkennt in ihm jedenfalls großes Potenzial: "Wenn die Terephthalsäure wiederverwertet werden könnte, würde das bei der Produktion neuer Polymere ohne erdölbasierte Ausgangsmaterialien Einsparungen bedeuten." (Thomas Bergmayr, 10.3.2016)