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Archivbild aus dem Jahr 2000: Wladimir Putin (links) und Michail Lessin, damals Presseminister.

Foto: Reuters

Einer der dubiosesten Politiker Russlands sorgt nun mit seinem Tod für Schlagzeilen: Moskaus früherer Presseminister Michail Lessin ist unter gewaltsamen Umständen ums Leben gekommen – das hat die Obduktion von US-Ermittlungsbehörden ergeben.

Lessin war im November im Dupont Circle Hotel von Washington leblos gefunden worden. Damals teilte die Polizei bloß mit, dass die Leiche keine Schusswunde aufweise und Untersuchungen zur Todesursache folgten. Russische Staatsmedien verbreiteten unter Berufung auf Lessins Verwandte, der 57-Jährige sei an Herzversagen gestorben.

"Stumpfe Kopfverletzung"

Nun identifizierten die Behörden eine "stumpfe Kopfverletzung" als Todesursache. Lessin hatte außerdem Verletzungen an Hals, Rumpf, Armen und Beinen, so Gerichtsmedizinsprecherin LaShon Beamon. Wodurch die Wunden entstanden sind, ist unklar. Die Untersuchungen würden fortgeführt, sagte Beamon. Die New York Times berichtet unter Berufung auf Untersuchungskreise, dass Lessin sich die Verletzungen schon vor der Rückkehr ins Hotelzimmer zugezogen habe.

Moskau ist verärgert: Die russische Botschaft habe bereits mehrfach nach dem Sachstand gefragt, so Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. "Substanzielle Informationen hat uns die amerikanische Seite nicht mitgeteilt. Wir erwarten entsprechende Erklärungen und offizielle Angaben zum Lauf der Ermittlungen." Falls Lessin gewaltsam starb, möchte Russland an der Untersuchung beteiligt werden.

Kreml-Größe

Lessin gehörte zu Beginn der Putin-Ära zu den mächtigsten Männern im Kreml. Begonnen hatte der Elektromechaniker seine Medienkarriere mit der Vervielfältigung westlicher Pornofilme, ehe er mit der Werbeagentur Video International ein Quasimonopol auf die Verteilung der Reklamegelder im russischen TV erlangte. Von 1999 bis 2004 war er Presseminister.

Damit nahm Lessin eine Schlüsselrolle bei der Übernahme des Senders NTW durch die kremltreue Gazprom-Holding ein. NTW war zuvor ein Sprachrohr des Medienmagnaten Wladimir Gussinski gewesen und hatte den neuen Präsidenten Putin kritisiert. Nach drei Tagen im berüchtigten Butyrka-Gefängnis im Sommer 2000 wegen Betrugsvorwürfen stimmte Gussinski im Beisein von Lessin dem Verkauf aller seiner Medienaktiva in Russland zu.

Putins Medienmann

Nach der Wegrationalisierung seines Ministeriums arbeitete Lessin beim Aufbau des russischen Propagandasenders Russia Today (RT). Das RT-Büro in den USA führt bis heute seine Tochter Catherine. Lessin selbst übernahm später den Chefposten bei Gazprom-Media (und damit praktisch NTW), den er Anfang 2015 unter Verweis auf familiäre Gründe wieder aufgab. (André Ballin aus Moskau, 11.3.2016)