Berlin – Bei den Landtagswahlen in drei deutschen Bundesländern hat die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) mitten in der Flüchtlingskrise stark zugelegt. Die Christdemokraten von Kanzlerin Angela Merkel erlebten in Baden-Württemberg ein Debakel und büßten auch in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Stimmen ein.

In allen drei Ländern dürften die amtierenden Ministerpräsidenten im Amt bleiben. Die regierenden Koalitionen verloren jedoch laut Hochrechnungen der Fernsehsender ihre Mehrheiten, sodass die Regierungsbildung in Stuttgart, Mainz und Magdeburg schwierig werden dürfte.

Grüne an erster Stelle in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg wurden die Grünen unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann erstmals in ihrer Geschichte stärkste Partei in einem Bundesland. Merkels CDU verlor dort rund zwölf Prozentpunkte und landete in ihrem Stammland nur noch auf Platz zwei.

In Rheinland-Pfalz konnten sich die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer als stärkste Partei behaupten. In Sachsen-Anhalt blieb die CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff trotz Stimmenverlusten klar vorne.

Die erst 2013 gegründete AfD wurde in Sachsen-Anhalt mit 24,2 Prozent zweitstärkste Partei. Auch in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz kam sie auf zweistellige Ergebnisse.

Stimmungstest für Merkel

Die Wahlen galten als Stimmungstest für Merkel in der Flüchtlingskrise. Angesichts der umstrittenen Öffnung der Grenzen für Schutzsuchende im Herbst war mit Verlusten für die Christdemokraten gerechnet worden.

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Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD, li.), und CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner geben einander im Fernsehstudio nach der Landtagswahl die Hand.
Foto: Uwe Anspach/dpa

Zu den Verlierern zählen auch die auf Bundesebene mitregierenden Sozialdemokraten sowie die Grünen. In Baden-Württemberg verlor die mit Kretschmann verbündete SPD weit mehr Stimmen, als die Grünen dazugewannen. In Sachsen-Anhalt, wo sie Juniorpartner der Christdemokraten ist, wurde die SPD nur viertstärkste Partei.

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Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, nimmt auf dem Podium den Beifall der Anhänger entgegen.
Foto: Daniel Maurer/dpa

Die Grünen schnitten außerhalb von Baden-Württemberg ebenfalls schwach ab. In Rheinland-Pfalz, wo sie Regierungspartei sind, lagen sie nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Die in den vergangenen Jahren in ganz Deutschland schwächelnden Liberalen (FDP) schafften den Einzug in die beiden westdeutschen Parlamente. In Sachsen-Anhalt lagen sie mit 4,9 Prozent knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Kretschmann zeigte sich am Abend in Siegerlaune. "Das Ergebnis ist hervorragend, furios, die Baden-Württemberger haben noch einmal Geschichte geschrieben", sagte der grüne Regierungschef und erhob Anspruch auf die Regierungsbildung. Dreyer sagte, sie wolle in Rheinland-Pfalz nun Gespräche mit Grünen und FDP führen. Auch Haseloff bekräftigte den Anspruch auf Führung der Landesregierung: "Wir werden in Sachsen-Anhalt eine stabile Regierung der Mitte bilden."

CDU schließt Zusammenarbeit mit AfD aus

Die CDU schließt auch nach den AfD-Erfolgen jede Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei aus. "Wenn man sich die Inhalte anschaut, kann es keine Zusammenarbeit zwischen Union und AfD geben", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber am Montag im ZDF. Die AfD nehme in Kauf, dass viele ihrer Funktionäre "ganz am rechten Rand" zu Hause seien und eine entsprechende Sprache pflegten. "Das C in unserem Namen setzt eine klare Grenze nach rechts", betonte Tauber. Vorstand und Präsidium der Partei hätten sich klar positioniert, dass es keine Kooperation mit der AfD geben könne.


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Lachend zeigten sich die Vorsitzende der AfD, Frauke Petry, und der stellvertretende Bundessprecher Albrecht Glaser nach den Hochrechnungen.
Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Die Kritik der CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach, dass Merkel ihre Flüchtlingspolitik in den vergangenen Monaten ohne Einverständnis des Bundestags "wie in einer Diktatur" betrieben habe, wies Tauber zurück. Kein Thema sei im Bundestag in den vergangenen Wochen so intensiv diskutiert worden wie dieses. Dass es Sorgen und Ängste auslöse, sei legitim und müsse ernst genommen werden. Dass in einer solchen Lage Protestparteien Zulauf erhielten, sei auch nicht neu. Hektik und Panik würden aber nicht weiterhelfen.

Die AfD ist nach Angaben von Frauke Petry auf die Arbeit in der Opposition vorbereitet.
Foto: apa

AfD will in Opposition sein

Die AfD ist nach Angaben ihrer Co-Vorsitzenden Frauke Petry auf die Arbeit in der Opposition vorbereitet. "Wir haben uns bereits lange vor diesem Wahlkampf darauf eingerichtet, in der Opposition zu arbeiten", sagte Petry am Sonntagabend in der ARD. "Das ist für eine junge politische Kraft auch ganz normal, dass man in der Opposition beginnt. Auch da kann man Dinge bewegen." (APA, red, 14.3.2016)