Trixi Schuba hat stets in der Pflicht die Basis für ihre Erfolge gelegt. 1971 wie 1972 holte sie WM- und EM-Gold, 1972 auch Olympiagold.

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Schuba und "Die Kür meines Lebens", erschienen bei egoth.

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Wien – Trixi Schuba hat ihrem Vater vor kurzem einen Brief geschrieben. Sie schreibt ihm immer wieder, er schreibt nicht zurück. Ernst Schuba ist 1962 gestorben, Trixi war elf Jahre alt. Das Briefeschreiben hilft ihr, mit dem Verlust umzugehen, einem Verlust, der ihr immer noch zu schaffen macht. "Ich war sein Ein und Alles", sagt sie. Und sie hat noch im Ohr, wie der Papa zu ihr sagte: "Du bist die Schuba! Du brauchst dir nichts gefallen zu lassen." Seit seinem Tod, davon ist die Schuba überzeugt, schaut ihr der Vater "von oben zu".

Demnach hat er so einiges gesehen und allen Grund gehabt, stolz zu sein. Trixi ist ihrer Mutter Berta sehr bald schon im Schuba'schen Holzgeschäft in der Fischerstiege beim Salzgries in der Wiener Innenstadt zur Hand gegangen, nach ihrem Handelsschulabschluss schupfte sie die Buchhaltung. Und am Vormittag wurde Eiskunstlauf trainiert. Trixi hatte als Vierjährige ihre ersten Schuhe geschnürt, der Beginn der Laufbahn war ein eher zufälliger. Die Eltern, große Theaterfreunde, hatten einmal keine Karten für die Burg bekommen. Dass König Ottokars Glück und Ende aber auch im Fernsehen übertragen wurde, führte zur Anschaffung eines TV-Geräts. Wenig später kam eine Eislaufsendung, die kleine Trixi war ganz hin und weg, am nächsten Tag ging die Mutter mit ihr Schlittschuhe kaufen.

Hype

Eiskunstlauf war im Wien der Fünfziger und beginnenden Sechziger überaus populär, insbesondere bei Mädchen. Da gab es große Vorbilder wie Hanna Eigel, Ingrid Wendl, Hanna Walter oder Regine Heitzer, allesamt WM-Medaillengewinnerinnen.

Schuba hat sich mehr als nur ein Beispiel genommen. Sie ist kurz nach Emmerich Danzer, dem dreimaligen Welt- und viermaligen Europameister, und Wolfgang Schwarz, dem zweimaligen WM- und dreimaligen EM-Zweiten, groß geworden. Sie knüpfte fast nahtlos an Heitzers Erfolge an, holte 1968 mit 16 Jahren ihre erste Medaille (EM-Bronze), der viele weitere folgten. Bei Welt- wie Europameisterschaften stand sie zweimal ganz oben. Und was Schwarz 1968 in Grenoble, wo Danzer ausnahmsweise patzte und nur Vierter wurde, geschafft hatte, nämlich den Olympiasieg, schaffte Schuba vier Jahre später.

Spektakuläre Aufnahmen vom Eiskunstlaufbewerb bei den Olympischen Spielen 1972. Trixi Schuba läuft in Blau.
floskate

In Sapporo gab's ansonsten noch zweimal Silber durch die junge Annemarie Pröll (Abfahrt, Riesenslalom) sowie jeweils Bronze durch Wiltrud Drechsel (Riesenslalom) und Heini Messner (Abfahrt). Schuba sorgte für die einzige Goldmedaille. Und doch stand sie im Schatten, im Schatten von Karl Schranz. Der Tiroler Skirennläufer, der bei einem Benefiz-Kick ein Trikot mit der Aufschrift "Aroma-Kaffee" getragen hatte, war wegen Verstößen gegen das Werbeverbot disqualifiziert und heimgeschickt worden. Kurz stand gar die Abreise des ganzen ÖOC-Teams im Raum, so weit kam es dann doch nicht. "Für den Karl war es natürlich ein Drama", sagt Schuba heute. "Aber das hätte ich bei Gott nicht verstanden, wenn wir alle heimgeflogen wären."

Leerer Balkon

IOC-Präsident Avery Brundage wurde in Österreich zum Staatsfeind Nummer eins. Gerd Bacher, also der ORF, organisierte einen Schranz-Empfang auf dem Heldenplatz, und selbst Bruno Kreisky sprang auf. Schranz winkte vom Bundeskanzleramtsbalkon, 100.000 Menschen jubelten ihm zu. Es war der 8. Februar 1972, die Spiele waren in vollem Gang. Am 7. hatte Schuba triumphiert. Für die Wienerin wurde kein Empfang in Wien geplant, Bacher rührte sich nicht, Kreisky rührte sich nicht, auf dem Balkon rührte sich nichts.

Auf dem Rückflug aus Sapporo hatte Leo Strasser, Sportchef der Oberösterreichischen Nachrichten, die Idee, für Schuba einen Empfang in Linz zu organisieren. Die ÖON sind nicht der ORF, und Linz ist nicht Wien. Aber immerhin reiste die 20-Jährige mit ihrer Mutter und ihrem Trainer Leopold Linhart in einem ÖBB-Sonderwagon an, sie fuhr in einem offenen Auto durch die Stadt, tausende Oberösterreicher winkten ihr, sie winkte zurück. Und am Abend wurde schön gespeist.

Wechsel zu den Profis

Es war, wenn man so will, auch ein Abschiedsessen. Schuba wechselte nach ihrem Olympiasieg zu den Profis, sie lief für die Ice Follies und für Holiday on Ice, tingelte durch Nordamerika, Südamerika und Europa. 1979 kam sie nach Wien zurück und zur Wiener Städtischen, wo der damalige ÖOC-Präsident Kurt Heller im Aufsichtsrat saß. "Er hat sich sehr für diverse ehemalige Spitzensportler eingesetzt", sagt Schuba. Sie betreute Diplomaten und Angestellte der UNO-City, blieb der Firma 36 Jahre lang treu. im Vorjahr ging sie in Pension, "exakt am Tag der Arbeit".

Trixi Schuba bei "Holiday on Ice" 1974.
Louis van Peer

Trixi Schuba war nie verheiratet, es hat sich nicht ergeben, sagt sie. "Ich war eine Einzelläuferin und bin eine Einzelläuferin geblieben." Außerdem ist sie ein Hundemensch, wobei ihre aktuelle Magyar-Vizsla-Hündin Cosima eigentlich keine Hündin ist, "sondern eine Schmusekatze". Schuba und Cosima sind praktisch täglich im Wald. Das Frauerl blieb auch dem Sport lange verbunden, von 2002 bis 2006 war Schuba Präsidentin des Kunstlaufverbands. Irgendwann hat sie sich die Zores auf Funktionärsebene nicht mehr geben wollen. Die Zores sind mehr geworden, die Erfolge weniger. Nach Schuba gab's mit Claudia Kristofics-Binder (1982) noch eine österreichische Europameisterin, Weltmeisterin oder Olympiasiegerin gab's keine mehr.

An Schranz hat sich Trixi Schuba jahre-, ja, jahrzehntelang gerieben. Es macht sie auch nach wie vor "traurig, dass die Skifahrer so im Vordergrund stehen". Aber mit Schranz ist sie endlich ins Reine gekommen. Bei der ORF-Weihnachtsfeier haben sie geplaudert, sie hat ihn zur Vorstellung ihrer Biografie eingeladen.

Der Gast aus Tirol

Als Schranz tatsächlich vergangene Woche bei der Buchpräsentation im Wappensaal des Wiener Rathauses erschien, hat sich Schuba sehr gefreut. "Das Buch war für mich der Anlass, endlich diese Brücke zu bauen. Und es ist ja wirklich an der Zeit gewesen, eine Basis zu finden und diesen Paarlauf zu beginnen."

Die Kür meines Lebens, so lautet der Titel der Biografie, die "Erinnerungen, Tagebücher, Briefe" und fast 400 Fotos bietet. Der Titel ist insofern bemerkenswert, als nicht die Kür, sondern die Pflicht die große Stärke der Eiskunstläuferin Trixi Schuba war. Ihre Pflichtüberlegenheit war so eklatant, dass ihretwegen und nach ihr die Kür aufgewertet wurde. In Fachkreisen sprach man von der "Lex Schuba". Damit hatte sie kein Problem, dennoch freute sie sich im Vorjahr über eine Einladung als Jurorin nach Lake Placid, wo ihre ehemalige Konkurrentin Janet Lynn die erste Pflicht-WM organisiert hatte.

Auch diese neue WM und ihre Biografie kommen in dem Brief vor, den Trixi Schuba ihrem Vater geschrieben hat. Das Buch sei ein "Zwischenbericht". Denn: "Hörst du es, Papa? Die Musik hat noch nicht aufgehört zu spielen." (Fritz Neumann, 14.3.2016)