Bild: Hitman
Bild: Hitman
Bild: Hitman
Bild: Hitman
Bild: Hitman
Bild: Hitman
Bild: Hitman

In der Spielserie Hitman wird man als kahlköpfiger Agent 47 zum Auftragskiller. Daran ändert sich auch in der jüngst erschienenen Neuauflage nichts. Doch obwohl man in die Rolle eines kahlgeschorenen, kräftigen Mannes mit zweifelhafter psychischer Verfassung schlüpft, handelt es sich abermals nicht um eine stupide Abschlachtsimulation. Im Gegenteil: Im neuesten Werk der Schmiede IO Interactive wird man mehr denn je zum akribischen Planer und fühlt sich bis zum tödlichen Ausgang in eine Fantasiewelt von Ian Flemming und Agatha Christie versetzt.

Lizenz zum Töten

Im Auftrag einer Schattenorganisation, die für internationale Geheimdienste die Drecksarbeit erledigt, liegt es an Agent 47, die Drahtzieher hinter Verbrechersyndikaten aus dem Weg zu räumen. Hitman legt diese Idee 2016 auf ein weitgehend offenes Spieldesign um. Nach dem Briefing und der Vorstellung der Zielpersonen wird man am Tatort ausgesetzt und darf dann selbst entscheiden, wie man seine Lizenz zum Töten einsetzt. Zum Start des in mehreren Episoden veröffentlichten Spiels stehen dafür zwei Trainingsszenarios in Form einer Yacht-Party und einer streng bewachten Militärbasis sowie ein "echter" Einsatz bei einer Modeschau in Paris zur Verfügung.

So infiltriert man in der französischen Hauptstadt im Smoking ein dekadentes Fashionevent und versucht sich bei hunderten potenziellen Zeugen und nicht viel weniger Bediensteten einen Weg zu den beiden kriminellen Veranstaltern zu bahnen, die hinter den Kulissen eine NOC-Liste an Terroristen versteigern wollen.

Wir spielen "Hitman": Die erste tödliche Mission in Paris
WIRSPIELEN

Gift oder Sprengsatz?

Um sich Zutritt zu Hinterzimmern und Mitarbeiterräumlichkeiten zu verschaffen und schließlich den Capo auszuschalten, werden einem alle erdenklichen Optionen offen gehalten. So kann man beispielsweise einen Kellner bei einer Zigarettenpause überwältigen und sich als Personal verkleiden. Im Weinkeller findet man Rattengift und beim Belauschen eines Gesprächs erfährt man die Rezeptur für den Lieblingscocktail des Oberbosses. Wer einen spektakuläreren Abgang inszenieren möchte, sieht sich die laut Technikern unsichere Beleuchtung des Catwalks an und dreht im richtigen Moment an den Schrauben.

Mit Beobachtungsgabe findet man dutzende solcher Lösungswege und kann alternativ den Gästen auch mit Sprengstoff und Maschinenpistole die Feierlaune verderben. Für Denkansporn sorgt jedoch der Umstand, dass spurenloses und zivilistenschonendes Vorgehen am höchsten belohnt wird. Neben einer Reihe von Herausforderungen seitens der Entwickler können Spieler auch selbst Zielpersonen bestimmen und andere damit auf die Probe stellen. Ein neugieriges Supermodel per Würgegriff einzuschläfern und im Schrank zu verstauen kommt auch im Lebenslauf besser, als es von der Brüstung zu stoßen.

Verdächtiges Verhalten

Besser denn je gelungen ist die optionale Einbindung von Hilfen wie der Markierung von Personen, die einen trotz Verkleidung enttarnen könnten, und aktiven Hinweisen auf Lösungsansätze. Als Spieler ist man per Funk laufend mit der Unterhändlerin verbunden, um notfalls nicht die Orientierung zu verlieren. So ertasten auch weniger geduldige Spieler einen aufregenden Pfad zum perfekten Mord in Umgebungen, die lebendiger und vielseitiger denn je in der Serie umgesetzt wurden.

Passanten, Bodyguards und Personal sind aufmerksam genug, um von verdächtigem Verhalten alarmiert zu werden und Verstärkung zu rufen. Sie sind allerdings nicht so penetrant, dass man den Spaß am täuschen verliert, sodass man sie per Münzwurf oder mit einem "zufällig" aktivierten Staubsauger ablenken kann, während man ihren Gesprächspartner verschleppt. Es ist und bleibt ein Spiel, kein Mordsimulator. Teils wirklich humorvolle Charaktere und Dialoge gibt es noch dazu.

So spielt sich der Prolog des neuen "Hitman". (unkommentiert)
WIRSPIELEN

Auf die Folter gespannt

Abseits kleinerer Mätzchen wie den langen Ladezeiten legt sich das zum Start noch kurze Vergnügen mit der Episodenausrichtung womöglich jedoch selbst ein Ei. Zwar kostet der Einstieg nur faire 15 Euro, ob es so gut weiter geht, steht aber in den Sternen. Und die knapp angerissene Story hat wenig Chancen, in Erinnerung zu bleiben, wenn die zweite Episode erst einen Monat später erscheint.

Eingefleischte Serienfans spannt man damit gar etwas lange auf die Folter. Neueinsteigern wird wiederum auf ein Spiel Appetit gemacht, dessen Fortsetzung sie nicht einschätzen können. So bleibt am Ende ein sehr vielversprechender Vorgeschmack auf etwas, dessen Gesamtwert erst mit der Vervollständigung im Jänner 2017 beurteilt werden kann. (Zsolt Wilhelm, 20.3.2016)

Die erste Episode von "Hitman" ist um 15 Euro für Windows-PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen. Die gesamte Saison kostet für Vorbesteller 60 Euro.