Der Österreichische Presserat feierte kürzlich fünfjähriges Bestehen. Teile der Wiener SPÖ wollen das Selbstkontrollorgan stärken, indem die Inseratenvergabe der öffentlichen Hand mit dem Ehrenkodex verknüpft wird.

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Wien – Die Sektion 8 der Wiener SPÖ Alsergrund kommt ihrem Ziel einen Schritt näher: Am Montag wurde der Antrag in der Bezirksversammlung mit "überwältigender Mehrheit" angenommen, wonach die Anzeigenschaltungen der öffentlichen Hand mit dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserats verknüpft werden sollen. Initiatorin Lena Six sagt zum STANDARD, dass es nur zwei Gegenstimmen gab. Neben der SPÖ Alsergrund unterstützt beispielsweise auch die SPÖ im 6. Bezirk (Mariahilf) den Vorstoß. Dort wurde der Antrag bereits vor ein paar Wochen angenommen.

Vor dem Landesparteitag der Wiener SPÖ am 16. April wird der Antrag noch von der Antragsprüfungskommission behandelt. Sollte er wie erwartet zugelassen werden, können ihn die Delegierten mit einfacher Mehrheit beschließen. Six hat als Antragstellerin ein Rederecht und möchte die Initiative präsentieren. Ein Coup am Landesparteitag 2011 der Sektion 8 läutet beispielsweise das Ende des kleinen Glücksspiels in Wien ein.

"Kein besserer Zeitpunkt als jetzt"

Six ist "zweckoptimistisch", dass es dieses Mal eine ähnliche Überraschung gelingen kann. Grund zur Zuversicht gäben ihr die positiven Rückmeldungen innerhalb der Partei. "Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt", sagt Six und verweist auf die Berichterstattung der Boulevardmedien in der Flüchtlingskrise: "Das stößt vielen auf." Der Boulevard betreibe keine objektive Berichterstattung, sondern eine "eigene Agenda", was reihenweise in Rügen des Presserats münde. Und die Politiker ließen sich von diesen Medien treiben, kritisiert Six.

Konkret geht es bei der Initiative – wie berichtet und siehe pdf links – darum, dass in Printmedien, bei denen sowohl im vergangenen als auch im vorletzten Jahr mehr als drei Verstöße gegen den Ehrenkodex durch den Presserat festgestellt wurden, keine öffentlichen Inserate geschaltet werden sollen. Allein die "Kronen Zeitung" wurde seit der Neugründung des Presserats vor fünf Jahren etwa 50-mal verurteilt. 44 Verstöße gegen den Ehrenkodex der Presse beanstandet der österreichische Presserat im Jahr 2015. Der überwiegende Teil ging auf das Konto von "Kronen Zeitung" (19), "Österreich" (9) und "Heute" (7), die allesamt nicht Mitglied des Selbstkontrollorgans sind.

Über ein Viertel der von der öffentlichen Hand eingesetzten Werbegelder nach den gemeldeten Zahlen nach dem Medientransparenzgesetz ging 2015 an die reichweitenstarken Boulevard- und Gratiszeitungen "Kronen Zeitung", "Heute" und "Österreich". Sie verbuchten 2015 über 51 Millionen Euro Einnahmen für Inserate und Werbekooperationen. Die gesamten Ausgaben staatlicher und staatsnaher Betriebe beliefen sich 2015 auf 188 Millionen Euro. Die "Kronen Zeitung" erhielt 2015 rund 22,6 Millionen aus öffentlichen Werbetöpfen, an die Gratiszeitung "Heute" gingen etwa 14,4 Millionen, an "Österreich" 14 Millionen. (Oliver Mark, APA, 15.3.2016)