Bild nicht mehr verfügbar.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir blickt skeptisch auf Winfried Kretschmann, der sich neben Co-Parteichefin Simone Peter vom linken Flügel gestellt hat. Man beachte Kretschmanns politische Krawatte.

Foto: Reuters/Rattay

Zwei Tage nach dem Wahlsonntag freut sich Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt immer noch über den Sieg der Grünen und Winfried Kretschmanns in Baden-Württemberg. "Es zeigt, dass die Grünen ganz neue Wählerschichten erreichen konnten", sagte sie am Dienstag.

Schon am Tag zuvor hatte sie geschwärmt, dass auch die Bundes-Grünen von den Parteifreunden im Südwesten lernen könnten. Als "Erfolgsmodell" von Kretschmann, unter dessen Führung die Grünen 30,3 Prozent holten, lobt sie "gute Politik und Pragmatismus". Auch Parteichef Cem Özdemir erklärt, die Grünen wären "ja mit dem Klammerbeutel gepudert", wenn sie nicht von Kretschmanns Erfolg lernen würden.

Göring-Eckardt und Özdemir als Vertreter des Realo-Flügels macht der Sieg Kretschmanns besonders froh. Denn er gilt als ausgewiesener Pragmatiker. Und wenn so einer derartige Stimmengewinne für die Grünen einfahren und sie zur stärksten Partei machen kann, dann werde man darauf wohl im Bundestagswahlkampf Rücksicht nehmen.

Bis dahin ist noch Zeit, gewählt wird im Herbst 2017, und die Grünen müssen – wie die anderen Parteien auch – erst einmal ein Wahlprogramm erstellen. Führende Linke, wie Fraktionschef Anton Hofreiter oder Parteichefin Simone Peter müssen nach dem Erfolg Kretschmanns aber Sorge haben, dass dieses keine allzu linke Handschrift tragen wird – zumal sich viele Grüne mit Schrecken an die Bundestagswahl 2013 erinnern. Damals forderten die Grünen Steuererhöhungen für Besserverdiener und wurden dafür von den Wählern abgestraft: Sie sanken von 10,7 auf 8,4 Prozent.

CDU doch zu Treffen bereit

Kretschmann muss seine Position jedoch noch festigen, indem er jetzt, nach der Wahl, eine Regierung zustande bringt. Für das bisherige Bündnis mit der SPD reicht es rechnerisch nicht mehr. Er würde gerne Sondierungsgespräche mit der CDU führen. Diese war bisher nicht begeistert davon, für die Grünen möglicherweise den Juniorpartner zu machen. Doch mittlerweile gibt es doch Überlegungen in der Südwest-CDU, der Einladung zu folgen. Die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Maag und Stefan Kaufmann haben einen Antrag gestellt, über grün-schwarze Koalitionsverhandlungen in einem CDU-Mitgliedervotum zu entscheiden.

In Baden-Württemberg wurde auch schon ein Name für ein etwaiges grün-schwarzes Bündnis gefunden – die "Kiwi-Koalition": viel Grün, einige schwarze Kerne. Gegen ein weiteres Bündnis von Grünen und Schwarzen hätte auch Kanzlerin Angela Merkel nichts einzuwenden, es würde ihre Optionen nach der Wahl 2017 erweitern. Derzeit gibt es in Hessen eine solche Koalition, aber diese wird von der CDU geführt, die Grünen sind Juniorpartner.

Seine Macht wird Kretschmann jedenfalls am Freitag ausspielen. Da soll der Bundesrat Algerien, Marokko und Tunesien in die Liste sicherer Herkunftsländer aufnehmen, Flüchtlinge können dann leichter abgeschoben werden. Die grüne Bundesspitze ist dagegen, aber Kretschmann wird Union und SPD in der Länderkammer zur Mehrheit verhelfen. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.3.2016)