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Vor Gericht ging es um Morphin-Infusionen (Symbolbild).

Foto: AP/Gerry Broome

Linz/Salzburg – Ein Anästhesist eines Salzburger Spitals muss sich nicht vor einem Geschworenensenat wegen Mordes verantworten. Das Landesgericht Salzburg, vor dem der Mediziner wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen angeklagt war, hatte in erster Instanz ein Unzuständigkeitsurteil gefällt. Das Oberlandesgericht (OLG) Linz gab am Mittwoch der Berufung des Angeklagten dagegen statt.

Der Anästhesist soll einer 79-jährigen Patientin, die nach einem Kreislaufkollaps in einem Seniorenheim reanimiert worden war, in der Nacht auf 30. Oktober 2014 Morphin-Infusionen in so hoher Dosis verabreicht haben, dass die Frau laut einem Gutachten daran starb – DER STANDARD berichtete. Deswegen wurde er im Vorjahr wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen angeklagt.

Vor Gericht beteuerte er, es habe sich um keine Überdosis gehandelt, sie sei im klinisch üblichen Bereich gelegen. Die Patientin habe Vorerkrankungen gehabt, zudem habe sich während der lebenserhaltenden Maßnahmen im Krankenhaus eine Lungenentzündung angebahnt. Die Chance, dass die Frau die Intensivtherapie überlebt hätte, sei bei maximal 50 Prozent gelegen. Hätte sie es geschafft, hätte sie wohl nicht einmal mehr mit ihrem Rollator gehen oder sich selbst waschen können.

"Wir sind achtsam"

Der Neffe der Patientin teilte dem Arzt mit, dass es nicht der Wunsch seiner Tante sein dürfe, künstlich am Leben erhalten zu werden. Zudem brachte der Mediziner in Erfahrung, dass sie zuvor bereits einen Eingriff wegen einer Aortenstenose abgelehnt hatte. Er begann daher mit Morphingaben, um Schmerzen, Angstzustände und Atemnot zu lindern. "Wir sind achtsam, dass wir nicht überdosieren, wollen aber nicht, dass der Patient leidet", sagte er vor dem Erstgericht.

Dieses hielt es aber für möglich, dass er einen Tötungsvorsatz gehabt habe. Die Richterin erklärte sich für unzuständig, damit hätte sich der Mediziner vor einem Geschworenengericht verantworten müssen. Er berief gegen das Unzuständigkeitsurteil – mit Erfolg. Der Richtersenat im OLG erachtete das Ersturteil als "nicht mängelfrei begründet". "Es ist nicht ableitbar, dass es nur den geringsten Tötungsvorsatz gab", sagte der Vorsitzende. "Es gab nicht einmal ansatzweise einen Anschuldigungsbeweis." Daher muss der Fall erneut vor einem Einzelrichter in Salzburg – wieder wegen fahrlässiger Tötung – verhandelt werden. (APA, 16.3.2016)