Richard Habring (mit Unruhreifen) gründete 2004 gemeinsam mit seiner Frau Maria die Kärntner Uhrenmarke Habring2.

Foto: Habring2

"Felix" erblickte 2014 anlässlich des zehnten Firmenjubiläums der Kärntner Uhrenmarke Habring2 das Licht der Welt. In ihm tickt ein Uhrwerk made in Austria.

Foto: Habring2

Qualitätshandarbeit: Christian Umscheid baut seine Uhrenmanufaktur Montre Exacte im Weinviertel auf.

Foto: Montre Exacte

Das Zifferblatt einer "Weinviertel-Uhr" von Montre Exacte

Foto: Montre Exacte

Seine Zeitmesser werden wie viele andere Luxusuhren von einem Hirsch-Armband am Handgelenk gehalten.

Foto: Hirsch Armbänder

Auch eine Rolex kommt nur von der Stange. Das beweist ein Blick ins Lager des Uhrengiganten in Biel, Kanton Bern, wo sich die Produktionsstätte des Luxusuhrenherstellers befindet: Dort liegen fein säuberlich sortiert meterlange Edelstahlstäbe.

Das Unternehmen ist, wie es im Fachjargon so schön heißt, vertikal integriert und hat eine beeindruckende Fertigungstiefe. Soll heißen: Rolex stellt so gut wie alles im eigenen Haus her, so auch die Gehäuse seiner "Daytonas", "Submariners" oder "Explorers", die für die weitere Veredelung scheibchenweise von den Edelstahlstangen heruntergeschnitten werden.

Rolex und Co: Stahl aus der Steiermark

Der Branchenprimus (geschätzte Jahresproduktion: 1.000.000 Uhren) setzt bei der Auswahl des Materials auf österreichisches Know-how. Denn der Rohstoff in Stangenform stammt von Böhler Edelstahl aus Kapfenberg. Rund 200 verschiedene Edelstahlsorten in unterschiedlichsten Legierungen mit unterschiedlichsten Eigenschaften erzeugt und offeriert das steirische Unternehmen. Darunter jene Stähle, die sich besonders gut für die Herstellung von Uhrgehäusen und Armbändern eignen.

Eine Tatsache, die wohl den wenigsten Fans und Trägern der Marke bewusst sein wird. Aber nicht nur diesen: Neben Rolex gehören auch andere namhafte Schweizer Uhrenhersteller von der Haute Horlogerie abwärts zum Kundenstock von Böhler Edelstahl, das zu den weltweit bedeutendsten Anbietern von Schnellarbeitsstahl, Werkzeugstahl sowie Sonderwerkstoffen zählt.

Leder aus Kärnten

"Der Boom der Luxusuhrenindustrie ist uns sehr zugute gekommen", berichtet Birgit Nicolelli-Fulgenzi-Laßnig vom Klagenfurter Armbandhersteller Hirsch. Seit 2003 ist das Traditionsunternehmen, Gründungsjahr 1765, Hauptlieferant der Schweizer Luxusuhrenindustrie. Da kann es durchaus passieren, dass auf der Innenseite des Krokoarmbands einer noblen Cartier-Uhr "Made in Austria" zu lesen ist.

"Ein Cartier-Armband ist immer ein Cartier-Armband, ein Panerai-Armband ist immer ein Panerai-Armband, ein Rolex-Armband immer ein Rolex-Armband", meint Nicolelli dazu diplomatisch. Aus vertraglichen Gründen sei auf solchen Armbändern niemals "Hirsch" zu lesen.

"Back to Austria"

Verarbeitet wird toskanisches Kalbsleder, Krokoleder, Alligatorenleder in allen gewünschten Formen, aber auch Kautschuk und die Kombination aus Kautschuk und Leder. Und zwar fast ausschließlich in Österreich, ein Joint Venture in Hongkong möchte man auslaufen lassen. "Back to Austria" sei die Devise der Familie Hirsch, man wolle die gesamte Produktion nach Klagenfurt zurückführen, erklärt Nicolelli.

Momentan hat das Unternehmen in Klagenfurt 426 Mitarbeiter, rund 620 sind es weltweit, darunter die Angestellten in der Schweiz, unter anderem in Biel, wo man ein "Hirsch Atelier" betreibt – dort werden nicht nur Armbänder, sondern auch Reparaturleistungen angeboten.

Kärntner Kraftwerk

Neben seiner Tätigkeit als Original Equipment Manufacturer (OEM, Erstausstatter) für die Großen der Uhrenschweiz, ist der Einzelhandel die zweite Säule des Armbandherstellers. Etwa 16.000 Verkaufspunkte gibt es rund um den Globus. Der Umsatz 2014 betrug 65 Millionen Euro. "Das Retailgeschäft macht uns unabhängig von den Launen der OEM-Kunden", schildert Nicolelli. Auch die momentane Flaute am Uhrenmarkt treibt Hirsch nicht die Schweißperlen auf die Stirn.

Unberührt davon ist auch die bekannteste österreichische Uhrenmarke, die unweit von Hirsch ihren Firmensitz hat (und auch die "richtigen Armbänder" verwendet, wie Birgit Nicolelli einwirft): Habring2. Seit 2004 ist das Ehepaar Richard und Maria Habring am Standort Völkermarkt mit einer eigenen Marke am Start.

Oscar für die Exoten

"Unsere Auftragsbücher sind voll, für dieses Jahr sind wir so gut wie ausverkauft. Also wer noch eine Habring2-Uhr zu Weihnachten haben möchte, muss sich beeilen", scherzt Maria Habring mit unüberhörbar sächsischem Akzent. 180 Uhren stellt das Unternehmen jährlich her.

Dass es neben dem wirtschaftlichen Erfolg auch internationale Anerkennung gibt, das zeigen nicht zuletzt die drei Preise, die man bei den "Uhrenoscars", die beim Grand Prix d'Horlogerie de Genève vergeben werden, in der kurzen Firmengeschichte schon einheimsen konnte.

Erst vergangenes Jahr reüssierten die Habrings wieder: In der Kategorie "Petite Aiguille" ("kleiner Zeiger") schlug das Modell "Felix" Marken wie Tudor oder Zenith aus dem Rennen. Das Besondere an "Felix": In ihr tickt ein selbstentwickeltes Uhrwerk, das anlässlich des zehnten Firmenjubiläums das Licht der Welt erblickte. Das bringt Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit. "Wir haben uns damals bewusst für Österreich entschieden. Hier sind wir die Nummer eins, in Glashütte wären wir vielleicht die Nummer zwölf gewesen", schildert Maria Habring.

"Hierzulande gibt es nur Manufakturen"

Gerade bei Armbanduhren sei dieses Land "jungfräulich". Immerhin beschränkte sich die österreichische Uhrentradition im Wesentlichen auf Großuhren. "Die Uhrmacherei ist in Österreich nie industrialisiert worden. Man hat diesen Sprung nicht geschafft. Das bedeutete letztendlich den Untergang", erzählt Richard Habring, der die Uhrmacherschule im niederösterreichischen Karlstein absolvierte und dann bei IWC Schaffhausen und A. Lange & Söhne tätig war, bevor der gebürtige Kärntner wieder in die Heimat zurückkehrte.

All die großen Marken in Deutschland und der Schweiz hätten diesen Schritt erfolgreich vollzogen. "Das sind heute große Fabriken, die sich Manufaktur nennen. Die Ironie: In Österreich gab es nur Manufakturen, nichts anderes", meint Richard Habring und ergänzt: "Irgendwie knüpfen wir dort ja wieder an."

Er sieht Habring2 durchaus in einer Pionierrolle für die sehr überschaubare österreichische Uhrenszene. So musste man sich zum Beispiel erst ein Lieferantennetzwerk aufbauen. "Es sind vor allem Firmen, die im Automotivsektor verankert sind", schildert Habring. So lässt er bei Meislitzer Präzisionstechnik in Gnesau (Kärnten) fertigen und bei Mattig Präzision in Obertrum am See (Salzburg). Von dort kommen die Gehäuse für "Felix", Federhäuser und Unruhreifen. "Wir liegen mit 'Felix' bei rund 80 Prozent Wertschöpfung in Österreich", sagt Habring.

Weinviertler Manufaktur

Österreichische Uhren können den Schweizer Erzeugnissen durchaus auf Augenhöhe begegnen, davon sind nicht nur die Habrings überzeugt, sondern auch Christian Umscheid. Er ist wie Richard Habring Karlstein-Absolvent und hat 2011 Montre Exacte gegründet. Mit dem Ziel, eine österreichische Uhr nach den Qualitätsansprüchen der Haute Horlogerie zu erschaffen. Sitz des Unternehmens ist Poysdorf im Weinviertel.

Während die Habrings gleich mit einer fertigen Uhr (mit ETA-Werk in Chronometerqualität) starteten, möchte Umscheid erst einmal sein eigenes Kaliber bauen, bevor er der Welt seinen Zeitmesser präsentiert. "Wir stehen knapp vor der Endmontage", sagt der passionierte Uhrmacher, der sich gerade durch die Mühen der Ebene kämpft.

Uhrmacher: Meldet euch!

"Respekt für alle, die diesen Weg schon gegangen sind", sagt er in Richtung der Habrings. "Wir starten jetzt ins vierte Jahr, und ich werde langsam ungeduldig." Zum Glück sei der Kunde umso geduldiger, vier Jahresproduktionen sind schon reserviert. Anzahlungen nimmt Umscheid nicht.

Es seien vor allem zwei Dinge, die ihn bremsen, erklärt er: die passenden Zulieferer zu finden – er bezieht den Großteil der Komponeten aus der Schweiz, weil nur diese seinen hohen Qualitätsansprüchen genügen – und der Mangel an geeignetem Personal. Vor kurzem erst hat er eine neue Mitarbeiterin aus der Schweiz rekrutiert.

Eine Tatsache, die auch Richard Habring manchmal verzweifeln lässt, die er aber nicht hinnehmen will: "Es gibt genügend talentierte Uhrmacher in Österreich." Beide, Habring und Umscheid, sagen unisono: "Meldet euch bei uns!" (Markus Böhm, RONDO Exklusiv, 21.4.2016)