Whistleblower Bill Binney im Zuge der Dreharbeiten vor der Königswarte in Niederösterreich.

Foto: Standard/Newald

Wer William Binney trifft, ohne seine Vorgeschichte zu kennen, würde ihn als erfahrenen Bürgerrechtler einschätzen, der seit Jahrzehnten für die Privatsphäre seiner Mitmenschen kämpft. Wie kaum ein zweiter Aktivist weiß Binney über staatliche Überwachung Bescheid.

Vor nicht einmal fünfzehn Jahren war Binney jedoch nicht in den Reihen von Aktivisten, sondern in denen ihrer Feindbilder zu finden. Als technischer Direktor der NSA war der Mathematiker eine wichtige Führungskraft. Er gilt als einer der Väter der elektronischen Datenüberwachung, die Aktivisten weltweit Kopfzerbrechen bereitet.

Mathematik-Genie

In den 1960er-Jahren meldete sich der junge Binney freiwillig zur Armee. Er hoffte, so einer Einberufung nach Vietnam zu entgehen. Früh erkannte das Militär Binneys mathematisches Geschick, weshalb er 1970 zur NSA geschickt wurde, um sowjetische Verschlüsselung zu knacken. Binney mauserte sich zum Experten für Kryptografie und Überwachung. Als in den 1990er-Jahren immer mehr Menschen über das Internet kommunizierten, wurde er mit der Entwicklung eines Abhörsystems beauftragt. Mit dem "Thin Thread" getauften System schaffte er einen Balanceakt: Es sammelte massig Daten, schützte diese aber vor Zugriff ohne richterlichen Beschluss. Doch die NSA entschied sich für eine Alternative, die auf Privatsphäre pfiff. Binney beschwerte sich beim Pentagon, das blieb ohne Konsequenzen.

Binney gerät ins Visier der Ermittler

2005 berichtete die New York Times dann, dass die NSA massenhaft US-Bürger abhören würde. Ins Visier der Ermittler geriet auch Binney. Obwohl er nie verurteilt wurde, entzog ihm die NSA seine Sicherheitsfreigabe.

Daraufhin begann Binney sich öffentlich zu wehren. Seine Karriere als Whistleblower begann. Auftrieb erhielt er durch die NSA-Enthüllungen Edward Snowdens, der ihn als "großes Vorbild" bezeichnet. Ein von Laura Poitras gedrehter Kurzfilm über Binney hatte Snowden auf die Filmemacherin gebracht.

The New York Times

Mittlerweile gelten Snowden und Binney gemeinsam mit dem ehemaligen NSA-Abteilungsleiter Thomas Drake als wichtigste Stimmen im Kampf gegen Überwachung.

Dafür tourt Binney unermüdlich um die Welt, auch wenn er wegen einer Diabeteserkrankung im Rollstuhl sitzt. Erst vor kurzem schaute er etwa im derStandard.at-Chat vorbei. Jetzt setzt ihm der Film "A Good American" ein Denkmal – und will so neue Whistleblower inspirieren. (Fabian Schmid, 16.3.2016)