Mit seiner Rekonstruktion aus dem Jahr 1903 lag Charles Robert Knight gar nicht so weit daneben. Jedenfalls dürfte die Großkatze ihrer Beute tatsächlich in der offenen Ebene nachgestellt haben.

Illu.: Charles Robert Knight

Tübingen – Säbelzahntiger zählen zweifellos zu den spektakulärsten Vertretern der Megafauna, die bei der Aussterbewelle der letzten Kaltzeit dahin gerafft wurden. Mit einer Schulterhöhe von bis zu 120 Zentimetern und einem geschätzten Gewicht von über 350 Kilogramm war die südamerikanische Art Smilodon populator die größte bekannte Säbelzahnkatze.

Bisher gingen Paläontologen aufgrund seiner Masse und seines Knochenbaus, der dem von Waldkatzen ähnelt, davon aus, dass Smilodon seine Beute im Wald erlegte. Dort lauerten er mit seinen bis zu 30 Zentimeter langen Raubzähnen in natürlichen Verstecken, bis der ideale Zeitpunkt zum Angriff gekommen war. Nun aber zeigte eine genauere Analyse der erhaltenen 12.000 bis 27.000 Jahre alten Fossilien, dass Smilodon populator vermutlich eher eine Lebensweise pflegte, die jener moderner Löwen glich: Deutsche Forscher gehen davon aus, dass der Säbelzahntiger im eiszeitlichen Südamerika im trockenen, offenen Gelände auf die Jagd ging.

Die Paläobiologen unter der Leitung von Hervé Bocherens von der Universität Tübingen verglichen Kollagenproben aus den Tierknochen verschiedener eiszeitlicher Raubtiere wie dem Säbelzahntiger, dem Jaguar (Panthera onca) und einer eiszeitlichen Wildhundgattung (Protocyon) mit denen der möglichen Beutetiere. Anhand der darin enthaltenen Kohlenstoff- und Stickstoffisotopen lassen sich Rückschlüsse auf die Ernährung sowie die Umgebung ziehen, in der sich die Tiere aufhielten.

Huftiere und Riesenfaultiere auf dem Speiseplan

Laut der im Fachjournal "Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology" präsentierten Ergebnisse verspeisten die Säbelzahntiger keine Tiere, die in dichter bewachsenen Gebieten heimisch waren, sondern in der Steppe lebende kamelartige Huftiere namens Macrauchenia und Riesenfaultiere (Megatherium und Lestodon), die im Gegensatz zu ihren heutigen Verwandten am Boden lebten und mehrere Tonnen schwer werden konnten. Eine weitere Parallele zu den heutigen Löwen könnte es gegeben haben: Man habe Knochen von mehreren Individuen zusammen und mit ähnlichen Isotopenwerten gefunden, sagt Bocherens. "Möglichweise arbeiteten die Raubtiere für den Jagderfolg ebenfalls in Gruppen."

Ursprünglich waren die Säbelzahntiger der Gattung Smilodon in Nordamerika heimisch. Als sich vor rund drei Millionen Jahren eine stabile Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika bildete, verbreiteten sich die Katzen auch im Süden. Konkurrenz hatte der Säbelzahntiger dort offenbar nicht unmittelbar durch andere Großkatzen. Die Studienergebnisse legen nahe, dass der Jaguar deutlich kleinere Beute wie Nagetiere oder Pferdearten bevorzugte. Ein ähnliches Beutespektrum wie der Säbelzahntiger hatte laut Studie aber der eiszeitliche Wildhund (Protocyon).

Feuchtes Klima führte zum Aussterben

Zum Ende der Eiszeit starben zahlreiche große Tierarten der sogenannten Megafauna aus, darunter auch der Säbelzahntiger. Als Hauptursachen werden in der Forschung der Einfluss des Menschen und Klimaveränderungen diskutiert. Beim Säbelzahntiger, so vermuten die Tübinger Wissenschafter, könnte das zunehmend feuchtere Klima dazu geführt haben, dass ehemals offene Flächen verwaldeten und so sein Jagdrevier verschwand. (red, 20.3.2016)