Luiz Inácio Lula da Silva hat den für Lateinamerika immer noch fast unmöglichen Weg vom Aufstieg geschafft: Eingewandert aus dem armen Bundesstaat Pernambuco nach São Paulo, wurde er Gewerkschaftssekretär und war dann, nach vier Anläufen, von 2003 bis 2011 Präsident von Brasilien. Von den Linken wird er wie ein Messias, ein Übervater verehrt, der der ärmeren Bevölkerung Brasiliens erstmals eine Stimme gegeben hat.

Doch jetzt hat sich die Ikone der Linksbewegung selbst ins Abseits manövriert. Nicht nur die Korruptionsermittlungen gegen ihn haben sein Image beschädigt, sondern vielmehr der Schritt, den – zumindest vorläufigen – juristischen Schutz durch Annahme eines Ministeramtes zu suchen. Die Posse um ein Luxusappartement, das Gegenstand der Ermittlungen ist, sieht nach Vorteilsnahme aus. Hier geht es nicht um das Parteispenden, sondern um persönliche Interessen.

Doch auch dieses Mal glaubt der 70-Jährige einen Ausweg parat zu haben: Statt sich zur Ruhe zu setzen, nahm er das Angebot an, in der Regierung von Dilma Rousseff Minister zu werden. Nur ihm, dem begnadeten Fädenzieher und Hinterzimmerverhandler, wird zugetraut, das Ruder des sinkenden Regierungsschiffes noch herumzureißen. Lulas Kampfgeist ist geweckt, er will wieder als Präsidentschaftskandidat antreten. Damit geht er auf volle Konfrontation mit der Justiz seines Landes. (Susann Kreutzmann, 17.3.2016)