Foto: MAMUZ/Heger
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Foto: MAMUZ/Atelier Olschinsky

Mistelbach – Die gewaltigen Steinkreise in der Hochebene von Salisbury regen von jeher die Fantasie der Menschen an. Der Legende nach soll der Magier Merlin die Megalithe von Stonehenge aus Irland herbeigezaubert haben. Manche vermuteten dagegen die Römer, die Phönizier oder keltische Druiden als Baumeister.

Mit dem Bodenradar wurde der Untergrund der jahrtausendealten Kultlandschaft durchleuchtet.
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Heute weiß man, dass die Anlage und ihre benachbarten Kultstätten mit mehr als 4.000 Jahren weit älter sind, als es sich die frühen Historiker vorstellen konnten. Dank moderner Untersuchungsmethoden kennt man mittlerweile nicht nur die Herkunft der Steine und die neolithischen Bautechniken, sondern auch zahlreiche Details über das Leben und die Kultur der Erbauer der gigantischen Monumente. Trotzdem bleiben viele Rätsel ungelöst.

Der österreichische Archäologe Wolfgang Neubauer ist einer der Wissenschafter, die der jungsteinzeitlichen Kultanlage ihre Geheimnisse entlocken. Im vergangenen Herbst veröffentlichte Forschungsergebnisse des "Stonehenge Hidden Landscape Project", an dem der Leiter des Ludwig-Boltzmann-Institutes für archäologische Prospektion und virtuelle Archäologie beteiligt ist, sorgten international für Schlagzeilen.

Die geomagnetischen Untersuchungen erklärt dieses Video des LBI Arch Pro anschaulich.
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Megalithsteine im Boden

Mithilfe von Bodenradarmessungen und geomagnetischen Untersuchungsmethoden wurden unter dem Erdwall des sogenannten "Superhenge" von Durrington Walls in der Nachbarschaft von Stonehenge Hinweise auf 200 bis zu 4,5 Meter hohe Steine entdeckt, von denen zumindest 40 noch im Boden vorhanden sind. Es handelt sich dabei vermutlich um die größte Megalithanlage Großbritanniens. Das Magazin "Heritage Daily" reihte den Fund unter die zehn wichtigsten archäologischen Entdeckungen des Jahres.

Unter dem Erdwall des Superhenge von Durrington Walls wurden im Vorjahr die Spuren von 200 Megalithen entdeckt.
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Für Neubauer, Österreichs Wissenschafter des Jahres 2015, ist das Kommunizieren der erarbeiteten Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit ein zentrales Anliegen. Und so werden die Resultate der wissenschaftlichen Kooperation mit der Universität von Birmingham nun erstmals im Rahmen einer von Neubauer kuratierten Ausstellung im Mamuz Museum Mistelbach präsentiert. Neben originalgetreuen Repliken von Trilithen (zwei Tragsteine mit einem Deckstein) und einem 3-D-Modell der Landschaft samt den Monumenten rund um Stonehenge wird die Weltkulturerbestätte mit einer Computersimulation erlebbar gemacht.

Das Erz des Kupferdolchs wurde in Österreich geschürft.
Foto: University of Birmingham/Fukach

Daneben sind auch Originalfundstücke zu sehen, die bisher Großbritannien noch nie verlassen haben. Dazu gehört unter anderem ein Kupferdolch aus dem Grab des sogenannten Bogenschützen von Roundway, dessen Metall aus der Grauwackenzone der Ostalpen stammt. Auch andere Funde weisen auf weitverzweigte Handelsbeziehungen vor mehr als 4000 Jahren hin: So konnte bei einem weiteren Bestatteten, dem "Bogenschützen von Amesbury", anhand von Isotopenuntersuchungen des Zahnschmelzes nachgewiesen werden, dass der Verstorbene in den Alpen aufgewachsen war.

Rotalgen verfärben Feuersteinknollen in leuchtendes Pink.
Foto: LBI ArchPro/Verhoeven

Auch ein "magischer" rosa Feuerstein ist in der Ausstellung zu sehen. Dabei handelt es sich um ein erst kürzlich entdecktes Naturphänomen. Nur zwei Kilometer von Stonehenge entfernt gibt es Tümpel warmer Quellen, die einerseits für die Steinzeitjäger eine optimale Lokalität mit reichlich Wild boten. Andererseits kommt in den Tümpeln eine spezielle Rotalgen-Art der Gattung Hildenbrandia vor. Wenn eine Flintknolle in das Wasser gelegt wird, dann besiedelt die Alge den Stein. Wenn der Feuerstein wieder aus dem Wasser geholt wird, verfärbt sich die Oberfläche nach kurzer Zeit in ein leuchtendes Pink. Die Vermutung ist naheliegend, dass sich die neolithischen Priester diesen Effekt für rituellen Hokuspokus zunutze gemacht haben, um ihre Macht zu demonstrieren.

Die Kreisgrabenanlagen in Niederösterreich sind deutlich älter als ihre englischen Kollegen.
Foto: LBI ArchPro/Zotti

Wundersame Quellen

Auch in der Nähe vorkommende Quellen, die aufgrund der besonderen geologischen Situation des Kreideplateaus von Salisbury nur am Ende des Winters Wasser führen, könnten für "Wunder" genutzt worden sein. Vergleichbare temporäre Quellen gibt es auch in der Umgebung von Kreisgrabenanlagen im Weinviertel. Die heimischen Henges sind jedoch um fast 2.000 Jahre älter als Stonehenge. Auch sie werden in der Ausstellung sichtbar gemacht.

Woodhenge bei Durrington Walls ist älter als die nahegelegene Anlage von Stonehenge. Die Computerrekonstruktion erweckt den längst verschwundenen Kreis zu neuem Leben.
Foto: LBI ArchPro/7reasons

Mamuz-Geschäftsführer Matthias Pacher, selbst ausgebildeter Archäologe, war es offenbar eine Herzensangelegenheit, die Schau in sein Haus nach Mistelbach zu bringen. Hier würden die Bedingungen thematisch und räumlich perfekt passen. Besonders stolz ist er auch auf die Umsetzung des Konzepts durch den künstlerischen Leiter Christof Cremer.

Nach Ausstellungen über Mammuts und die Gletschermumie Ötzi in den Vorjahren ist Stonehenge – Verborgene Landschaft die dritte große Sonderschau im 2014 neu konzipierten Mistelbacher und Asparner Museumszentrum. Im Mamuz sind das traditionsreiche Urgeschichtemuseum im Schloss von Asparn an der Zaya mit seinem archäologischen Freigelände und das 2007 ursprünglich als "Lebenswelt Weinviertel" gegründete Museum Mistelbach organisatorisch und inhaltlich zusammengefasst.

Trailer zur Stonehenge-Ausstellung im Mamuz.
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Letzteres bildet eine räumliche Einheit mit dem Nitsch-Museum, mit dem es sich die Hallen auf dem Gelände der ehemaligen Landmaschinenfabrik Heger & Sohn teilt. Die beiden Standorte des Mamuz präsentieren vierzig Jahrtausende der Menschheitsgeschichte von der Altsteinzeit bis ins Mittelalter mit einem Fokus auf Funde aus Niederösterreich und experimenteller Archäologie. (Michael Vosatka, 19.3.2016)