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Für viele Banken und Anleger erweist sich die Sache als schwerer Unfall.

Foto: AP/Knippertz

Wien – Zeichnern von Holland- und Schiffsfonds des deutschen MPC-Konzerns droht neues Ungemach. Einige sind jetzt mit Rückzahlungsforderungen von deutschen Banken, die die Immobilien oder Schiffe finanziert haben, konfrontiert. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) fürchtet im Frühjahr 2016 eine "Klagewelle quer durch ganz Österreich", wie VKI-Chefjurist Peter Kolba am Freitag sagte.

Das Problematische an geschlossenen Fonds von MPC und auch anderen deutschen Emittenten ist, dass die bereits erfolgten Auszahlungen keine klassischen Dividenden waren, sondern zurückgefordert werden können.

Bei MPC-Fonds schauen aber nicht nur Anleger durch die Finger. Auch die finanzierenden Banken – hauptsächlich deutsche Landesbanken wie die Helaba oder die Deutsche Hypothekenbank – bangen nun um ihre Investments. Einige von ihnen klagen nun Anleger. Diese wurden eigentlich Kommanditisten der Fondsgesellschaften, was sie aber großteils nicht gewusst haben.

Holland 47

Beim Fonds "Holland 47", den 500 Österreicher gezeichnet haben, wurden acht österreichische Anleger in Frankfurt verklagt, beim "Holland 43" ist eine Klage beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängig, sagte Anwalt Sebastian Schumacher bei einer Pressekonferenz des VKI. Ein paar wenige der 700 Zeichner des "Holland 56" haben ebenfalls Klagen am Hals. Zudem haben da jüngst knapp 100 Anleger, die zwischen 20.000 und 40.000 Euro investiert haben, ein Aufforderungsschreiben eines Bankanwalts bekommen. Kurioserweise sind die Immobilien des "Holland 56" zu mehr als 90 Prozent vermietet, sagte Schumacher.

"Der Verlust der Finanzierungsbanken ist minimal im Gegensatz zu dem der Anleger", meint der Anwalt. Zumal die Banken wissen hätten müssen, was sie taten. Die ersten acht Jahre haben die MPC-Fonds laut Schumacher negativ bilanziert und trotzdem Geld an die Anleger ausgeschüttet. Mit der Folge, dass hohe Verlustvorträge entstanden – zusätzlich zu den sehr hohen "Weichkosten" und den diversen Provisionen, die sich Vermittlerbanken abgezwackt haben.

Die VKI-Juristen versuchen in dem Zusammenhang, komplexe Rechtsfragen zu klären – dürfen die Banken jetzt überhaupt Geld von den Banken fordern, wenn die Treuhandklauseln der MPC-Treuhandgesellschaft TVP womöglich rechtswidrig sind (ein VKI-Verfahren dazu liegt beim Oberlandesgericht)? War vielleicht Arglist im Spiel?

Schumacher kann heute nicht sagen, wie sich das Thema entwickeln wird, wie er sagt. In Deutschland haben schon Banken, die Anleger verklagt haben, recht bekommen. Sicher ist laut VKI-Chefjurist Kolba: "Wenn man zurückzahlt, ist das Geld weg." Betroffene sollten sich daher an den VKI wenden.

MPC hat sämtliche Vorwürfe bisher zurückgewiesen. Kurt Cowling, Chef der MPC-Österreich-Tochter CPM, bestätigt, dass Anleger jetzt von Banken aufgefordert werden, ihre Ausschüttungen ganz oder in Teilen zurückzuzahlen. "Das resultiert aus der Schieflage der Fonds", so Cowling zur APA. "Über dieses Risiko ist zumindest in unseren Unterlagen aufgeklärt worden." Der VKI und auch Gerichte sehen das anders, so hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Urteil zugunsten eines Anlegers von einem "Ausschüttungsschwindel" gesprochen.

In der gesamten Unternehmensgeschichte der MPC habe es 2013 erstmalig Rückforderungen von Ausschüttungen gegeben, so Cowling.

Dass MPC beim "Holland 56" einen "Pakt" mit der finanzierenden Bank geschlossen hat, wie dies der VKI behaupte, sei "Unsinn". Sehr wohl versuche MPC aber, die Banken dazu zu bewegen, dass sie nur einen Teil (70 Prozent) und nicht die gesamten Auszahlungen zurückverlangen. "Wir versuchen zu retten, was zu retten ist", sagt Cowling.

Dritte Sammelklage

Der VKI indes macht bei MPC noch weitere rechtliche Fronten auf. Nach Ostern wird die dritte Sammelklage gegen die Hypo Steiermark eingebracht. Sie war die einzige österreichische Vermittlerbank, die nicht zu einem Generalvergleich mit dem VKI bereit war.

In Hamburg wollen die Konsumentenschützer weitere Initialklagen für Musterverfahren einbringen. Dies, weil es in Österreich noch immer kein Instrument für Sammelverfahren gibt, wie Kolba erneut beklagte. Das erste sogenannte KapMuG-Verfahren zum Fonds "Holland 47" gegen MPC-Gesellschaften wurde bereits zugelassen. Nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) kann wegen falscher oder irreführender Angaben im Kapitalmarkt- oder Werbeprospekt geklagt werden.

Weiters fasst der VKI Sonderprüfungen der Fonds ins Auge. "Zum Teil vertreten wir bei einzelnen Fonds bereits eine qualifizierte Mehrheit der Gesellschafter von mehr als 25 Prozent", so Kolba. Zusammen könnten sie feststellen lassen, wessen Interessen die Fondsverantwortlichen wirklich vertreten haben.

Neben den diversen Zivilgerichten ist in der Causa MPC seit eineinhalb Jahren auch die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aktiv. Sie ermittelt u. a. wegen schweren Betrugs gegen MPC-Verantwortliche. In diesem Verfahren, sagt Kolba, sei gerade ein Gutachten eines renommierten Immobiliensachverständigen vorgelegt worden, das den Anlegern zupass kommen könnte.

Der Gutachter habe sich mit den sogenannten Wertgutachten von MPC die Immobilien betreffend auseinandergesetzt. "Die kommen ganz schlecht weg", so Kolba. Möglicherweise "wurde da aus Gefälligkeit begutachtet".

Trotz all dieser Schritte wolle der VKI nicht MPC "in einer Art Hexenverfolgung um den Erdball jagen", sondern möglichst viel Geld für die Anleger herausholen. Erneute Gespräche mit MPC oder Verhandlungen mit Drittbanken schließt er nicht aus.

Cowling: Natürlich sei man immer bereit zu Gesprächen. "Das Problem ist, dass der VKI Vorstellungen hat, die nicht leistbar sind." MPC selbst hätte "sehr hohe Verluste zu tragen gehabt". Die Anleger, "die jetzt leider einen Ausfall zu verzeichnen haben", seien allesamt "sehr wohlhabende Investoren", so Cowling. "Die Mindestzeichnungssumme war schon 10.000 Euro."

Keine fehlerhafte Arbeit

Die Vorwürfe des VKI, dass die Anleger weder über das Totalverlustrisiko noch über die Rückforderbarkeit der Ausschüttungen aufgeklärt worden seien, wies Cowling erneut zurück. "Was unsere Unterlagen betrifft, gibt es in Österreich oder Deutschland noch kein einziges Urteil gegen MPC, wonach fehlerhaft gearbeitet worden wäre." Was Prozesse gegen Berater betrifft, müsse im Einzelfall geklärt werden, wie das Verkaufsgespräch abgelaufen ist.

In Österreich haben vor der Finanzkrise rund 17.000 Anleger 70 verschiedene Fonds der Firma MPC gekauft. Fast alle Großbanken haben damals solche Schiffs- und Immobilienfonds – teils auch von kleineren Emittenten – großflächig vertrieben. Der VKI vertritt rund 2.500 Betroffene mit einem mutmaßlichen Schaden von 170 Mio. Euro. Die Fonds gerieten im Gefolge der Finanzkrise unter Wasser, einige sind schon in Insolvenz. Weltweit sind geschätzt 8 Mrd. Euro in solche riskante Immobilien- oder Schiffsfonds geflossen, davon 800 Mio. Euro aus Österreich. (APA, 18.3.2016)