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Die Tür zur NBA steht weit offen: Jakob Pöltl steigerte sich in seinem zweiten Jahr am College in Utah noch einmal gewaltig.

Foto:APA/AFP/GETTY IMAGES/Sean M. Haf

Salt Lake City / Wien – Die Fans stehen vor der Halle Spalier, schreien, bitten um Autogramme, der ganz normale Wahnsinn. Ein "Celebrity" ist Jakob Pöltl aber sicher nicht. Höflich und zurückhaltend, charakterisiert ihn besser. "The big fella from Austria" nennen ihn die amerikanischen Sportkommentatoren. Seinen Nachnamen werden sie nie richtig aussprechen können.

Der Pöltl-Hype ist in seinem zweiten Jahr am College von Utah noch größer geworden. "Ich weiß aber nicht, ob das daran liegt, dass sie mich einfach besser kennen, oder dass ich besser spiele", sagt der 20-jährige Wiener im Gespräch mit dem STANDARD. Mit einem Saisonschnitt von 17,5 Punkten und 9,1 Rebounds liegt Pöltl im absoluten Spitzenfeld, er hat die beste Bilanz auf der Center-Position.

War er im vergangenen Jahr noch ein Geheimtipp im Buhlen der NBA-Klubs um die größten Nachwuchstalente des Landes, so stellt sich mittlerweile nur mehr die Frage: Wird Pöltl in den Top-Ten im NBA-Draft gehandelt oder gar in den besten Fünf? Und lässt sich die NBA-Perspektive und der damit verbundene Millionenvertrag noch ausblenden? "Das blockiert mich nicht. Wenn es gefällt, wie ich spiele, freut mich das. Wenn nicht, muss ich einen anderen Weg finden, mich zu etablieren."

Ein Land spielt verrückt

Die größte Bühne dafür bietet das Final-Turnier der College-Meisterschaft (NCAA), wo die 68 besten Universitäten des Landes in einem K.o.-System den Meistertitel ausspielen. "March Madness" ist das zweitgrößte Sportevent der USA, und es ist wirklich verrückt. Gespielt wird in den größten Hallen des Landes vor bis zu 100.000 Zuschauern. Es ist sehr laut, die Unis bringen ihre eigenen Blasorchester zum Anfeuern mit, direkt unter dem Hallendach braucht man ein Opernglas. Sogar US-Präsident Barack Obama zittert traditionell mit, füllt vor laufenden Fernsehkameras einen Tippschein für den Turniersieger aus.

Utah (26 Siege, acht Niederlagen) ist an Nummer drei gesetzt. Nach dem letztlich souveränen 80:69-Sieg gegen Fresno State geht es in der Nacht auf Sonntag gegen Gonzaga um den Einzug ins Achtelfinale. Pöltl überzeugte zum Auftakt einmal mehr mit 16 Punkten und 18 Rebounds.

"Wir wollen das Turnier gewinnen, aber die Konkurrenz ist hart", sagt der 2,13-Meter Mann. Die Saison ist kräfteraubend, 35 Spiele hat Pöltl bereits in seinen langen Beinen. Zur Vielfliegerei kommt auch das Lernen für Prüfungen dazu. Eine Notwendigkeit, keine willkommene Abwechslung zum Basketball-Drill. Im Vergleich zu einer NBA-Saison mit mindestens 82 Spielen ist die aktuelle Belastung freilich eine harmlose.

Nachdenken

"Es ist beim ersten Mal so, wie wenn man von einem Zug überfahren wird", sagt Larry Krystkowiak, Pöltls Trainer. Krystkowiak hat selbst neun Jahre in der NBA gespielt. "Es ist hart, aber ich würde darauf wetten, dass Jakob erfolgreich ist." Bis zum 24. April muss Pöltl entscheiden, ob er sich zum Draft anmeldet. "Ich weiß nicht, wie ready man wirklich sein kann für die NBA", sagt Pöltl. Nach Saisonende will er sich noch einmal fragen, "ob ich mental bereit bin".

Noch wohnt Pöltl unweit des Campus in Salt Lake City in einer Studenten-WG. Zum Frühstück hat Pöltl am liebsten eine Banane und ein Weckerl. Wobei: "Weckerln gibt's hier nicht." Also stattdessen einen Bagel. Zum Abendessen trifft sich die Mannschaft regelmäßig in der Sportlerkantine der Uni. Dort wird kein Fast Food aufgetischt, dafür aber viel Obst und Gemüse.

Erwähnung in der Bibel

Das Programm der Universität von Utah umfasst 13 verschiedene Sportarten, ein jährliches Budget von 55 Millionen Dollar steht zur Verfügung. Zu Feiern hatten Utahs Basketballer schon lange nichts mehr, die letzte NCAA-Turnierteilnahme gelang letztes Jahr, davor schaute man sechs Jahre zu. Der einzige Titel stammt aus 1944. Geht es nach Jakob Pöltl, soll sich das ändern, weil es "bis jetzt einfach eine geile Saison ist".

Das würdigt auch die amerikanische Sportbibel Sports Illustrated, die in Pöltl gar einen Schlüsselspieler des Turniers sieht. "Die Gegner haben nicht die Qualität, um Pöltl unter Kontrolle zu bringen" , schreibt das Magazin. Einziges Manko: Die moderne NBA giert nach großen Spielern mit guten Distanzwürfen. "Der ist noch nicht meine Stärke", sagt Pöltl. Er macht sich aber genauso wenig Sorgen wie sein Trainer. "Jakob wird diese Schwäche ausmerzen." (Florian Vetter, 18.3.2016)

Video: Pöltl siegt mit Utah gegen Fresno State