Den richtigen Zeitpunkt abzupassen, das ist höchste diplomatische Kunst. Barack Obama ist sie diesmal geglückt. Bei seinem Besuch in Havanna geht es nicht nur darum, nach mehr als 50 Jahren das Kriegsbeil zu begraben. Sein Spaziergang durch das noch kommunistische, aber nach kapitalistischen Investitionen lechzende Havanna signalisiert eine sanfte, aber triumphale Rückkehr der USA und ihrer Ideen von Markt und Demokratie – und zwar in ganz Lateinamerika.

Die letzten wegweisenden US-Initiativen für den Kontinent sind über 20 Jahre alt und wie das Freihandelsabkommen FTAA längst begraben. Venezuela, Brasilien, Bolivien und Argentinien suchten lieber den Schulterschluss mit China, setzten auf Staat statt auf Markt oder suchten ihr Heil im Sozialismus. Den USA gefiel das Treiben in ihrem Hinterhof zwar nicht, aber sie hielten eher still, statt Umstürze anzuzetteln. Jetzt trägt die Geduld Früchte: Während die Wirtschaft in Lateinamerika kriselt, die Linksregierungen wanken oder abgewählt werden, während China nach dem Verfall der Rohstoffpreise sein Engagement in Lateinamerika zurückschraubt, sind die USA plötzlich wieder präsent. Kuba ist das sichtbarste Symbol.

Wählen die US-Amerikaner einen Donald Trump zum Präsidenten, der Migranten zurückschicken und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten will, könnte die Eiszeit schneller zurückkehren als gedacht. (Sandra Weiss, 20.3.2016)