Susanne Winter ist seit November 2015 nicht mehr FPÖ-Mitglied.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER
Grafik: APA

Wien – Der Rassismus in Österreich hat ein neues Level erreicht. Diese Bilanz zieht die Geschäftsführerin der Anti-Diskriminierungs-Stelle Zara, Claudia Schäfer, anlässlich der Vorlage des "Rassismus-Reports 2015". Waren im 2014 knapp 800 einschlägige Fälle registriert worden, wurden im Vorjahr schon 927 vermerkt. Besonders negativ ist der Trend im Internet.

20 Prozent der Fälle und damit merkbar mehr als im Vorjahr (17 Prozent) spielten sich im Onlinebereich ab, der größte Teil über soziale Medien wie Facebook oder Google +. Zwei Drittel aller Vorkommnisse stehen im Zusammenhang mit dem Thema Flucht und richten sich gegen Asylsuchende und Helfer.

Als perfide Methode etabliert hat sich das Posten von erfundenen Geschichten, die vor Richtigstellung der Ereignisse schon große Breitenwirksamkeit erreicht haben. So postete etwa eine Frau, dass ein junger kranker Österreicher in einem Spital nicht behandelt worden sei, weil man dort mit Flüchtlingen voll ausgelastet gewesen sei. Ehe das Krankenhaus und der betroffene Patient klarstellen konnten, dass die Vorwürfe falsch sind, war der Inhalt schon 5.000 Mal geteilt.

Offener Rassismus von politischen Vertretern

Das Internet wurde auch vielfach genutzt, um üble Hassparolen oder Drohungen gegen Flüchtlinge kundzutun. Dies geht vom Wunsch nach Wiedereröffnung von Konzentrationslagern bis hin zur Gutheißung antisemitischer Parolen durch die Nationalratsabgeordnete Susanne Winter, die diese die Mitgliedschaft in der freiheitlichen Partei kostete. Insgesamt hält Zara fest, es sei alarmierend, wie offen von politischen Repräsentanten mittlerweile Rassismus forciert werde, auch etwa mit der Unterstützung von Besuchsverboten für Flüchtlinge in Bars oder Bädern.

Auffällig ist, dass besonders viele der im heurigen Report aufgelisteten Fälle öffentlich schon bekannt waren, das Thema Rassismus derzeit also öffentlich besonders präsent ist. Angeführt werden etwa die vielbeachtete FPÖ-Demonstration gegen ein Flüchtlingsheim in Erdberg, die Initiativen in der oberösterreichischen Politik, Deutschpflicht in Schulpausen zu etablieren, (Softgun-)Schüsse auf Asylwerber in Wiener Neustadt oder die vermeintliche Plünderung eines Wiener Supermarkts durch Flüchtlinge, die frei erfunden war.

Alltagsrassismus

Ansonsten dominieren im Report seit Jahren ähnliche Fälle. So werden etwa Diskriminierungen aufgrund von Hautfarbe oder wegen des Tragens eines Kopftuchs sowohl bei der Vergabe von Jobs als auch von Wohnungen verzeichnet. Dazu kommt jede Menge Alltagsrassismus, etwa wenn ein Wiener U-Bahn-Fahrer eine Verzögerung durch das Aufhalten einer Tür durch Männer mit schwarzer Hautfarbe per Lautsprecheransage damit entschuldigt, dass man "auf unsere Drogendealer Rücksicht nehmen müsse". Eine Ärztin wiederum verweigert einem türkischstämmigen Mann wegen dessen Herkunft die Behandlung und eine Frau weigert sich, in einer Wohnung eine Heizung abzulesen, weil die Mieterin einen Schleier trägt.

Die Zahl der Fälle im Zara-Report ist wie immer nicht repräsentativ. Erfasst sind im Wesentlichen nur jene Vorkommnisse, die dem Verein gemeldet werden. Dass man selbst kein umfassenderes Monitoring machen kann, ist mit dem engen Finanzkorsett von Zara begründet. Einmal mehr wurde am Montag auf die "dramatische Situation" des Vereins hingewiesen und an die Politik appelliert, eine Finanzierung der Anti-Rassismus-Arbeit sicherzustellen. (APA, 21.3.2016)