Raúl Castro versucht Barack Obama zu einem revolutionären Gruß zu bewegen, der US-Präsident spielt nicht mit.

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Havanna – Nicht ganz reibungslos verlief am Montagabend die gemeinsame Pressekonferenz US-Präsident Barack Obamas und seines kubanischen Amtskollegen Raúl Castro. Obama lobte Castro zwar für die offene Diskussion, erklärte aber, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten könnten nur erblühen, wenn es Fortschritte im Bereich der Menschenrechte gebe.

Castro entgegnete, ihm sei kein Land bekannt, das "alle 61 Menschenrechte" erfülle. Er erklärte, in den USA gebe es ein Rassismusproblem, und er kritisierte Polizeigewalt sowie die Anwendung von Folter im US-Gefangenenlager Guantánamo.

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Erstmals stellte sich Raúl, der jüngere Bruder des Revolutionsführers Fidel Castro, der 2008 dessen Amt übernahm, live im kubanischen Fernsehen Fragen ausländischer Journalisten. Als er auf politische Gefangene angesprochen wurde, erklärte er, solche gebe es nicht: "Welche politischen Gefangenen? Nennen Sie mir den oder die Namen, und wenn es wirklich politische Gefangene sind, werden sie noch heute Abend freigelassen."

Nach Ansicht der kubanischen Regierung handelt es sich bei den dutzenden Gefangenen, die von oppositionellen Gruppen als "politisch" geführt werden, um gewöhnliche Kriminelle. Obama-Berater Ben Rhodes erklärte nach der Pressekonferenz, die USA hätten Kuba im Vorfeld des Besuchs eine Liste der Betroffenen übermittelt. Allerdings sei beobachtet worden, dass politische Gegner nicht mehr wie früher zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, sondern nur noch kurzfristig festgehalten würden.

Laut Angaben der oppositionellen "Kommission für Menschenrechte und Versöhnung" gibt es 79 politische Gefangene auf Kuba. Diese Liste enthält allerdings auch verurteilte Flugzeugentführer und Spione. Ihre Einstufung als politische Gefangene erklärte Kommissionsvorsitzender Elizardo Sánchez damit, dass ihnen ein korrektes Verfahren verweigert worden sei.

"Kubaner entscheiden"

Obama versuchte Befürchtungen zu zerstreuen, dass Kuba bei einer politischen Öffnung wieder unter die Kontrolle Washingtons geraten könnte. "Die Zukunft der Kubaner wird von den Kubanern entschieden, von niemandem sonst."

Das umstrittene US-Handelsembargo werde schlussendlich beendet werden, erklärte Obama, einen konkreten Zeitpunkt könne er allerdings nicht nennen. Auf das Thema Guantánamo ging er nicht ein.

Zahlreiche US-Unternehmen warten auf den Einstieg in den kubanischen Markt. Der Internetgigant Google zum Beispiel werde drahtlosen Netzzugang und Breitbandanschlüsse anbieten, erklärte Obama.

Symbolisch legte der US-Präsident einen Kranz beim Denkmal des Freiheitshelden José Martí (1853–1895) nieder, der Ende des 19. Jahrhunderts maßgeblich zur Unabhängigkeit der Insel von der Kolonialmacht Spanien beigetragen hatte. (Bert Eder, 22.3.2016)