Wien – 2016 will Alexander Wrabetz nicht nur versuchen, als erster ORF-General ein drittes Mal in Serie bestellt zu werden. Nebenbei will er die ORF-Radios neu und präziser positionieren lassen – ein sogenanntes Mapping steht an. Höchste Zeit, sagen neue Detailauswertungen des Radiotests, der großen österreichischen Hörer-Studie.

Das grundlegende Problem ist im ORF längst erkannt: Der einzige bundesweite Privatsender Kronehit spricht recht präzise jüngere Hörerinnen und Hörer an – und kommt dort Ö3 gefährlich nahe. Und Ö3 ist mit fast 60 Millionen Euro Werbeeinnahmen pro Jahr eine zentrale Einnahmequelle des ORF. 2015 wollte der ORF schon einen jüngeren Ableger von Ö3 – "Ö3X" – im Digitalradio-Pilotversuch starten.

Ein neues ORF-Radioprogramm bräuchte (über sechs Monate Testbetrieb hinaus) eine Gesetzesänderung. Und eine gute Erklärung, warum der gebührenfinanzierte Radiomarktbeherrscher mit 72 Prozent Hörermarktanteil österreichweit und 64 Prozent in der Werbezielgruppe einen weiteren Radiokanal für ein weiteres, kommerziell wesentliches Marktsegment bekommen soll.

Der vor wenigen Tagen ausgelieferte Jahresbericht 2015 des GfK-Radiotests liefert genauere Daten über Zielgruppen als die veröffentlichten Halbjahresberichte. Manche davon lesen sich für den ORF durchaus alarmierend. In Wien, Österreichs umkämpftestem Radiomarkt, erreicht Ö3 täglich 24,8 Prozent der Hörer zwischen 10 und 29 Jahren, Kronehit immerhin 18,1.

Wochensieger

Pro Woche betrachtet allerdings weist der Radiotest Kronehit bereits numerisch höhere Werte als Ö3 aus: Kronehit hörten 2015 pro Woche 48,9 Prozent des Wiener Publikums unter 30 Jahren. Ö3 46,2 Prozent. Die 2,7 Prozentpunkte zwischen den Wochenwerten beider Sender liegen innerhalb der statistischen Schwankungsbreite. Aber: Ö3 kam 2013 noch auf 58,4 Prozent; Kronehit auf 45,9. 2014 schon – lange vor der zuletzt beklagten Austropop-Quote – sackte Ö3 auf 48,8 Prozent ab; Kronehit schaffte mit 49,7 einen numerisch etwas höheren Wert als 2015.

2015 war das Wiener Ö3-Publikum laut Radiotest im Schnitt 41,4 Jahre alt, jenes von FM4 36,2 und das von Kronehit 30,6 Jahre.

Den Wiener Radiomarkt insgesamt freilich dominieren der ORF (mit 67 Prozent Tagesmarktanteil 2015) und vor allem Ö3 klar: Das ORF-Popradio hat mit 31 Prozent grob so viel Hörermarktanteil wie alle Privatsender zusammen mit 30 Prozent. Kronehit hat hier acht Prozent, beim Publikum zwischen 10 und 19 Jahren 29 Prozent (Ö3: 38) und bei dem unter 30 Jahren 20 Prozent, Ö3: 36. (fid, 25.3.2016)