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Gelsen übertragen Malaria, den Dengue-Virus, den aktuell grassierenden Zika-Virus – und, wie sich nun herausgestellt hat, auch Borreliose.

Foto: dpa-Zentralbild/Johannes Eisele

Wer Haustiere hat oder viel Zeit in der Natur verbringt, kennt sie – Zecken. Wie Brustschwimmer bohren sich die kleinen Viecher in die Haut und übertragen unter Umständen FSME oder Borreliose. Eine kreisrunde, rote Verfärbungen um einen Zeckenstich, auch Wanderröte genannt, ist eines der wenigen klaren Anzeichen für eine Borreliose-Infektion.

Wissenschafter vom Senckenberg-Forschungsinstitut in Frankfurt am Main haben nun herausgefunden, dass auch Gelsen Borrelien in sich tragen. "Mücken sind bekannte Überträger zahlreicher Infektionserreger wie beispielsweise Malaria, dem Dengue-Virus oder auch dem aktuell grassierenden Zika-Virus (allerdings in den Tropen und nicht in unseren Breiten, Anm.). Wir wollten überprüfen, ob die Insekten theoretisch auch Borreliose-auslösende Borrelien übertragen können", sagt Sven Klimpel von der Goethe Universität Frankfurt.

Während Gelsen hierzulande bisher nur für juckende Stiche verantwortlich waren und uns in Sommernächten vom Schlafen abhielten, besteht – wie nun nachgewiesen wurde – auch die Gefahr einer Übertragung von Borreliose. An 42 Fangstandorten über ganz Deutschland verteilt, haben die Wissenschaftler um Klimpel im Jahr 2013 von April bis Oktober Stechmücken gefangen. Von den insgesamt 3.615 gefangenen Gelsen wurden 682 Pools gebildet und auf Borrelien getestet, dabei wurden 28 positive Pools identifiziert.

Drei Arten entdeckt

Das bedeutet, dass zehn verschiedene Gelsenarten aus vier Gattungen an elf Standorten Borrelien in sich trugen. "Wir haben bestimmte Borrelien-spezifische Gene mit molekularbiologischen Methoden nachgewiesen und konnten so die Borrelien-Arten Borrelia afzelii, Borrelia bavariensis und Borrelia garinii identifizieren", ergänzt Klimpel. Alle drei Borrelien-Arten sind humanpathogen, können also beim Menschen Krankheiten hervorrufen und gelten in Europa als die bedeutendsten Erreger der Lyme-Borreliose.

Noch dazu kommt, dass die Krankheitserreger extrem resistent sind. In ihrer Studie konnten die Parasitologen erstmalig in wild-gefangenen und unter Laborbedingungen geschlüpften und aufgezogenen Stechmücken Borrelien-DNA nachweisen. "Dass wir die DNA der Erreger auch in den aufgezogenen Mücken gefunden haben, ist erstaunlich und zeigt, dass die Borrelien die Umwandlung der Larve zur Puppe und schließlich zum ausgewachsenen Tier überdauern können", erklärt Klimpel.

Einmal angesteckt, verläuft die Borreliose in drei Stadien mit unterschiedlichen Symptomen. Der Prozess ist dabei nicht bei allen Patienten gleich. Das erste Stadium mit Wanderröte, Grippe-Symptomen wie Fieber, Schlafstörungen, Muskelschmerzen und Müdigkeit tritt meist vier Wochen nach der Infektion auf. Nach vier bis acht Wochen folgt das zweite Stadium: Der Erreger greift jetzt Herz, Muskeln, Blutgefäße und das Nervensystem an. Die Folge können Lähmungen, geschwollene Gelenke und Entzündungen sein. Ohne angemessene Behandlung mit Antibiotika, folgt nach acht Wochen das dritte und letzte Stadium, in dem es zu chronischen Gelenksbeschwerden, wie etwa Arthritis und Hautausschlägen kommt.

Keine Meldepflicht in Österreich

Wie viele Menschen jährlich betroffen sind, kann nur vermutet werden, da es für Borreliose in Österreich keine Meldepflicht gibt – die Schätzungen liegen zwischen 50.000 und 70.000. Nicht auf jeden Stich einer infizierten Zecke oder Gelse folgt jedoch eine Ansteckung, und selbst nach einer Infektion kommt es nur in sehr wenigen Fällen zu einem Ausbruch der Krankheit. Das Immunsystem kann den Erreger meist erfolgreich abwehren, viele Betroffene merken die Infektion gar nicht.

Auch Klimpel von der Frankfurter Studie beruhigt: "Es besteht kein Grund zur Panik. Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand sind Stechmücken als Überträger der Lyme-Borreliose auslösenden Erreger nur bedingt geeignet. Wenn überhaupt spielen sie eine eher untergeordnete Rolle." (red, 29.3.2016)