Der Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler, legt nach FPÖ-Angriffen, er habe sich seit Mitte 2014 ein "Körberlgeld" von 100.000 Euro aus der Stadtkassa verschafft, im STANDARD offen: Er bestätigt, dass er zuletzt einen Doppelbezug als Gemeindeangestellter und Stadtchef von 11.300 Euro brutto im Monat hatte. Der SP-Politiker weist aber Vorwürfe scharf zurück, er habe sich unrechtmäßig auf Kosten der Gemeinde bereichert. Die Auflösung seines Dienstverhältnisses als Angestellter der Gemeinde sei seit Monaten vorbereitet, und auch bereits durch die Stadtratssitzung gegangen. Babler vermutet als Auslöser einer "Schmutzkübelkampagne" den Versuch der FPÖ, ihn wegen seiner Stadt- und Flüchtlingspolitik mit allen Mitteln schlecht zu machen, sagte er im Gespräch mit Thomas Mayer.

Andreas Babler will sich als Bürgermeister mit Prinzipien verstanden wissen.
Foto: Standard/Cremer

STANDARD: Die FPÖ wirft Ihnen vor, dass sie als Bürgermeister von Traiskirchen gleichzeitig als ihr eigener Sekretär tätig gewesen seien, und sich knapp 4000 Euro pro Monat als "Körberlgeld" dazuverdienten, wie sie sagt, 100.000 Euro in zwei Jahren, zusätzlich zum Bürgermeistergehalt von 7800 Euro. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen, stimmen diese Zahlen?

Andreas Babler: Nein, sie stimmen so nicht. Mein Bürgermeisterbezug wird nicht von der Stadt festgelegt. Ich bin in eine Gehaltspyramide eingebettet, die der Nationalrat festlegt. Eine Erhöhung mit 1. Jänner 2016 war gesetzlich vorgegeben, weil Traiskirchen einen Sprung über die 20.000-Einwohner-Grenze gemacht hat. Bis vor zwei Monaten waren die Bezüge deutlich geringer, und auch nicht von mir festgelegt.

STANDARD: Ich habe zwei Gehaltszettel von Ihnen vor mir liegen…

Babler: Es gibt nur einen Lohnzettel, das andere ist die Aufwandsentschädigung für den Bürgermeisterjob.

STANDARD: …ok, also es gibt einen Lohnzettel, der Sie als Angestellter der Gemeinde ausweist. Das waren Sie bereits seit zehn Jahren, als Sie im April 2014 zum Bürgermeister gewählt wurden. Und dann gibt es die Abrechnung für die Bürgermeistergage.

Babler: Genau.

STANDARD: Im Sommer 2014 machte ihr Angestelltengehalt 3928 Euro brutto pro Monat aus, netto nach Abzug von Sozialversicherung und Steuern 2319 Euro. Die Bürgermeisterentschädigung beträgt seit Anfang 2016 7383 Euro brutto, netto knapp 3500 Euro, davor waren es 5907 Euro brutto. Das waren also zusammengerechnet knapp 10.000 Euro brutto, jetzt 11.300. Das ist für einen Stadtchef von Traiskirchen erstaunlich viel, finden Sie nicht?

Babler: Ja, das ist eine gewaltige Summe. Aber die Erhöhung des Bürgermeisterbezugs konnte ich mir nicht aussuchen. Die Summe ist aber beeindruckend. Darum löse ich das auch auf. Das kann und mag ich nicht vertreten.

STANDARD: Wie kam das zustande, dass Sie fast zwei Jahre lang einen Posten in einer Gemeinde haben können, deren Bürgermeister Sie sind?

Babler: Bei mir war das so, dass ich selbst zwei Dienstverhältnisse gar nicht wollte, und daher seit der Übernahme des Bürgermeisteramts von Beginn an daran arbeitete, das eine aufzulösen. Jetzt war es endlich möglich. Es ist zwar alles gesetzlich und formal in Ordnung und auch transparent, aber moralisch für mich nicht vertretbar. Und meine Anstellung war nicht von mir, sondern vor vielen Jahren einstimmig vom Gemeinderat beschlossen worden. Deswegen lege ich Ihnen ja auch die Unterlagen vor.

STANDARD: Niemand hat behauptet, dass etwas Ungesetzliches geschehen wäre, auch die FPÖ nicht. Aber für viele Bürger sind solche kumulierten Gehälter doch erstaunlich. Sie waren zuerst Gemeindeangestellter, gleichzeitig seit 1995 Gemeinderat, später Stadtrat, dann Bürgermeister. Kam Ihnen das nicht selbst komisch vor?

Babler: Die FPÖ erfindet gerade in ihrer Propaganda angebliche Berufsbezeichnungen für mich, wie Pressesprecher oder Sekretär des Bürgermeisters, die es gar nicht gibt. Und noch dazu falsche Zahlen. Fakt ist, dass viele in Städten Gemeindebedienstete sind oder andere Hauptberufe haben, so auch in Traiskirchen. Sie müssen das verstehen, in einer Stadt unserer Größenordnung sind politische Funktionen alle nebenberuflich, Gemeinderäte und auch Stadträte. Die haben alle einen Beruf. Bei größeren Städten sind sie dann schon hauptberuflich.

STANDARD: Was war Ihr Job in der Gemeinde, bevor Sie Bürgermeister wurden?

Babler: Sie werden selten einen Bürgermeister oder einen Politiker finden, der freiwillig auch seinen eigentlichen Beruf aufgibt und auf sein Einkommen verzichtet, so wie ich. Das habe ich nämlich jetzt vorbereitet und gemacht.

STANDARD: Sie meinen, wenn einer Bürgermeister wird, dann gibt er nicht gleich seinen privaten Beruf auf?

Babler: Wenn einer ein Bürgermeister mit Prinzipien ist, so wie ich, schon. Dann tut man das. Das beweise ich ja gerade. Es gab überhaupt keinen politischen Druck, keinen der Opposition, das zu tun. Alles was die Angelegenheit betrifft, ist im Gemeinderat beschlossen worden, das kann jeder nachprüfen. Wenn es mir um Geld gehen würde, hätte ich die zwei Jobs bis zu meiner Pensionierung machen können, aber das steht meinen Grundsätzen entgegen.

STANDARD: Aus Ihrem Referat in der letzten Stadtratssitzung vom 22. März, also am vergangenen Dienstag, geht hervor, dass Ihr Posten als Gemeindeangestellter jetzt nach besetzt wird, die Kritik der FPÖ kam drei Tage später. Aber die Frage, die sich uns zuerst stellt, ist die nach einer gewissen Unvereinbarkeit vorher. Was konkret haben Sie neben der Bürgermeistertätigkeit gemacht, für knapp 4000 Euro brutto?

Babler: Ich werde Ihnen erzählen, wie das gekommen ist. Ich habe Anfang Mai 2014 das Bürgermeisteramt angetreten und war von Anfang an konfrontiert mit einer Ausnahmesituation in der Stadt, nach vielen falschen Entscheidungen, und dem ganzen Wahnsinn, was die Asylpolitik anlangt. Mein Ziel war ursprünglich auch, meinen Job sofort aufgeben zu können. Ich habe aber festgestellt, dass wir einen kompletten Verwaltungsumbau vornehmen müssen. Wir hatten da eine überalterte Struktur, und die habe ich mir vorgenommen umzubauen.

STANDARD: Sie haben zwei Jobs gemacht?

Babler: Ja. Es war nicht möglich, die Verwaltung auch hinsichtlich der Stabsstelle so umzubauen, dass sie funktionsfähig wäre, ich hatte ein akutes Problem mit Personalressourcen in der Gemeinde, auch meine eigene. Ich hatte als Bürgermeister niemand, der für Kommunikation, für Medienarbeit, Analysen etc. da gewesen wäre. Der für meine bis dahin ausgeführten beruflichen Tätigkeiten vorgesehene Nachfolger musste sofort große Agenden des Wohnungsamtes übernehmen, weil sich da eine dringende Notwendigkeit ergab. Und die zweite Mitarbeiterin der Stabsstelle kündigte mir an, dass sie in Karenz geht.

STANDARD: Sie waren also unabkömmlich, oder wie soll man das verstehen?

Babler: Leider. Das war arbeitstechnisch für mich ein Wahnsinn, aber das war die Situation, die ich vorgefunden habe. Zusätzlich gab es große Umbauten in der Verwaltung, es fehlte mir beispielsweise in der Stabsstelle auch ein juristischer Mitarbeiter, bis heute übrigens.

STANDARD: Was waren Sie, was mussten Sie tun?

Babler: Ich war für die Stabsstelle verwaltungstechnisch zuständig. Es wäre für die Stadtverwaltung unmöglich gewesen, wenn ich diese Stelle ohne Ersatz aufgelassen hätte. Ich habe sofort zusätzlich zu dem sicherlich unvergleichbaren Aufgabenpensum eines Traiskirchner Bürgermeisters in der harten Auseinandersetzung mit dem Innenministerium, die sofort begann, 40 Stunden in der Woche in der Stabsstelle arbeiten müssen. Ich habe dabei viele technische Aufgaben übernehmen müssen, den unaufschiebbaren EDV- und IT –Umbau, der zu einem Sicherheitsrisiko für die Stadt geworden war.

Ich musste dringende Modernisierungsschritte in der Datensicherung oder im WLAN und Breitbandausbau setzen, und zusätzlich auch aufgrund der politischen Ausnahmesituation und der immer stärker werdenden Auseinandersetzung mit dem Bund auch Konzepte entwickeln, was die Stadtkommunikation als Ganzes betrifft. Und das ist mir ja in den letzten zwei Jahren gelungen. Da haben sich auch meine fachliche Qualifikation durch mein Studium und meine Berufserfahrung bezahlt gemacht, da konnte ich großen Schaden für die Stadt abwenden. Ich habe das alles selbst gemacht, das war gewaltig.

STANDARD: In Ihrem Personalakt ist vermerkt, dass Sie auf frühere Überstundenzuschläge verzichtet haben. Warum?

Babler: Ja das stimmt. Ich fand sie unmoralisch. Ich arbeitete in diesen beiden Jobs zwar fast durchgängig sieben Tage in der Woche zu fast jeder Tageszeit, aber die mir aus dem alten Gemeinderatsbeschluss zustehende Überstundenpauschale konnte ich einfach selbst sofort streichen lassen.

STANDARD: Aber die entscheidende Frage ist doch auch eine andere. Sie gelten als besonders linker Politiker, einer der sich gegen soziale Ungerechtigkeit besonders stark exponiert, und selbst kassieren Sie einen fünfstelligen Doppelbezug? Das passt doch nicht. Wie kann man zwei bezahlte Fulltimejobs gleichzeitig haben?

Babler: Stimmt. Ich bin einer der hier strenge Maßstäbe auch von anderen in der Politik einfordert und deshalb löse ich so ein Konstrukt, das ich überall politisch ablehne, auch auf, auch wenn es mich selbst betrifft. Dafür stehe ich als politische Person. Was man mir vorwerfen kann, ist, dass es 18 oder 19 Monate gebraucht hat, um hier die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ich endlich gehen kann.

Der Grund dafür lag in dem wahnsinnigen Arbeitsaufwand als Bürgermeister und der damit einhergehenden Belastung durch diesen einzigartigen und durch den Bund herbeigeführten Irrsinn in Traiskirchen. Da blieb wenig Zeit, eine Verwaltungsreform zu konzipieren und gleichzeitig auch neue geeignete Fachkräfte zu finden. Vor einigen Monaten ist mir dabei ein Durchbruch gelungen, es gibt neue Personen und daher kann man endlich diesen Schritt setzen. Und ganz ehrlich gesagt, lange hätte ich solche Situationen, wie beispielsweise letztes Jahr, körperlich auch nicht durchgehalten.

STANDARD: Eine Übergangszeit von ein paar Monaten könnte man nachvollziehen, aber so schaut es so aus, als sei es Ihnen vor allem ums Geld gegangen. Sehen Sie das nicht?

Babler: Mir blieben bisher im Monat ca. 3200 bis 3700 Euro in Wirklichkeit über, da ich natürlich von meiner Aufwandsentschädigung als Bürgermeister viel spende. Ich besuche jährlich ca. 300 bis 400 Veranstaltungen der Einsatzorganisationen oder der fast 100 Vereine. In Zukunft bleiben mir nun so zwischen 1900 und 2300 Euro, was ich für meinen Job auch angemessen finde. Ich trage auch eine große Verantwortung als Finanzreferent für über 50 Millionen Euro, habe 200 Bedienstete der Stadt.

STANDARD: Sie sind ein politischer Vollprofi, seit 20 Jahren Gemeinderat, waren von Jugend an SJ-Funktionär, sehr exponiert auf der linken Plattform "Initiative Kompass" zur Erneuerung der SPÖ. Kamen Sie nie auf die Idee beim Blick auf Ihre Abrechnungen, dass Ihnen jemand einmal diese Doppelfunktion für 11.300 Euro vorhalten wird?

Babler: Diese 11.300 haben mich selbst überrascht, das ist aber erst seit Jänner so.

STANDARD: Davor waren es gut 10.000 Euro, das ist doch – bei allem Respekt für Traiskirchen – nicht grad bescheiden, oder?

Babler: Die Summe für den Bürgermeister legen die Nationalräte über die Bezüge-Pyramide fest. Ich finde diese Summe auch unangemessen, darum löse ich auch mein Dienstverhältnis auf. Ich kämpfe mit meiner ganzen Energie gegen Doppel-Bezüge, mag das nicht, deshalb werde ich das auch selbst vorleben. Ich hoffe, dass viele hier folgen werden, die Doppel- oder gar Mehrfach-Bezüge haben. Ich nehme auch aus Prinzip keine Aufsichtsratsfunktionen wahr, weder in Genossenschaften noch sonst wo. Das ist mein Grundprinzip.

STANDARD: Warum ist die ganze Sache durch Angriffe der FPÖ erst jetzt hochgekommen, drei Tage nach dem Beschluss, wer ihre Stabsstelle für ein Jahr befristet übernimmt? Wurde es überhaupt beschlossen?

Babler: Es wurde im Stadtrat beschlossen. Und auch meine Dienst-Auflösung habe ich dazu einreferiert. Die FPÖ-ler waren sichtlich überrascht und haben panisch und in schmutzigster Art und Weise mit einer Pressekampagne darauf reagiert. Sie haben seinerzeit meine Anstellung ja selbst beschlossen und sich bis jetzt noch nie zum Dienstposten-Plan oder Ähnlichem in den Sitzungen geäußert.

Sie haben sich einfach nicht vorstellen können, dass jemand ganz von sich aus auf Geld und Posten verzichtet und dadurch auch für andere Politiker neue Maßstäbe setzt. Das hat sie getroffen. Das passt nicht in ihr Konzept, deswegen fürchten mich die Blauen auch auf allen Ebenen. Weil ich da, was ich von der Politik moralisch einfordere, auch bei mir selbst umsetzte. Dann kam die Schmutzkübelkampagne.

STANDARD: Schwer zu verstehen ist, dass man niemand findet, der in Traiskirchen für 4000 bis 5000 Euro brutto im Monat die Stabsstelle Kommunikation übernimmt. Wie ist das möglich?

Babler: Man braucht jemand, der das studiert hat, der Fachwissen hat und Berufserfahrung. Eine so besondere Stadt wie Traiskirchen, mit so einzigartigen schweren Bedingungen, braucht gute Leute und die sind einfach nicht so viel am Markt. Schon gar nicht in der Stadt.

STANDARD: War das eine Retourkutsche der FPÖ, oder was ist der Hintergrund?

Babler: Es ist eine miese Truppe. Sie wird vom Landesparteiobmann Christian Höbart offenbar angeführt, und sie haben meine eigene Initiative verwendet, um Stimmung zu machen. Die FPÖ ist frustriert, dass die Stadtarbeit und das Stadtklima gut sind, was auch dazu beigetragen hat, dass das Image der Stadt während der Flüchtlingskrise im vergangenen Herbst nicht gekippt ist. Ich bin als Sozialpolitiker exponiert und für die FPÖ ein rotes Tuch. Aber sie kommen gegen mich nicht an. Sie gehen auf untergriffiges Niveau. Sie wollen nur anpatzen.

STANDARD: Sehen Sie sich politisch beschädigt durch diese Angelegenheit?

Babler: Nein. Übrig bleiben werden die Fakten. Alles ist nachweisbar, alle Beschlusslagen im Stadtrat, im Gemeinderat. Ich habe, seit ich Bürgermeister wurde, darauf hingearbeitet, meinen Job in der Gemeinde abzugeben, und das passiert jetzt auch gerade. Das lässt sich beweisen. Die FPÖ hat schon so viele Kampagnen gegen mich geführt, und sie ist noch jedes Mal dafür abgestraft worden. Sie wird immer radikaler mit dem Ziel, dem Bürgermeister und der Stadt zu schaden, alles schlechtzureden. Am Ende wird das für sie wieder nach hinten losgehen.

STANDARD: Befürchten Sie, dass Ihnen diese Offenlegungen bei den Bürgern Ihrer Gemeinde schaden? Werden Sie eine Aktion machen?

Babler: Ich hab bei den Leuten in Traiskirchen einen guten Ruf, die Leute wissen, dass ich Tag und Nacht für die Stadt arbeite. Ich bin nicht naiv, aber so eine Schmutzkampagne hätte ich nicht erwartet. Mir ist wichtig, dass ich echt bleibe, und das werde ich jetzt beweisen. Einen Politiker, der sich ohne Druck, ohne Notwendigkeit und aus seiner Überzeugung heraus seine eigenen Gagen kürzt, wird es ja auch nicht allzu oft geben.(Thomas Mayer, 27.3.2016)