Palmyra – Mit der Rückeroberung der antiken Wüstenstadt Palmyra haben die syrischen Regierungstruppen der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) eine schwere Niederlage bereitet. Die Armee brachte die für ihre Ausgrabungsstätten berühmte Stadt nach heftigen Kämpfen gänzlich unter ihre Kontrolle, wie ein Militärvertreter in Palmyra am Sonntag mitteilte.

Das Oberkommando kündigte an, nun auch eine Offensive auf die syrische IS-Hochburg Raqqa zu starten.

Sowohl die als UN-Weltkulturerbe gelisteten Ausgrabungsstätten als auch die angrenzende Neustadt seien wieder unter Kontrolle der Armee, sagte der Militärvertreter einem AFP-Korrespondenten in Palmyra. Die IS-Kämpfer seien nach Osten und Norden in ihre Hochburgen Sukhnah, Raqqa und Deir Ezzor (Deir al-Zor) zurückgewichen. Experten der Armee seien dabei, dutzende Sprengsätze und Minen in der antiken Stadt zu entschärfen.

Wichtiger militärischer Erfolg

Die Einnahme von Palmyra ist ein wichtiger militärischer Erfolg für die syrische Armee und eine schwere Niederlage für die Jihadisten. Diese hatten Palmyra im vergangenen Mai erobert. In den folgenden Monaten schockierten sie die Welt durch brutale Hinrichtungen in den Ruinen der antiken Stadt und die Zerstörung zweier bedeutender Tempel, des berühmten Triumphbogens und zahlreicher Grabmäler.

Am 7. März startete die syrische Armee dann mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah-Miliz und russischer Spezialkräfte und Kampfflugzeuge eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt. Die Unesco-Direktorin Irina Bokova hatte die Offensive auf Palmyra begrüßt. "Seit einem Jahr ist die Plünderung von Palmyra das Symbol der kulturellen Säuberung, welche der Mittlere Osten erlebt", sagte Bokova.

"Wenn wir gewinnen, ist es die erste große Niederlage, die die Armee Daesh beifügt", hatte ein Militärvertreter am Samstag unter Verwendung der arabischen Bezeichnung für die IS-Miliz gesagt. Die Einnahme von Palmyra sei eine ähnliche Niederlage für die IS-Miliz wie der Verlust der kurdischen Stadt Kobane im Norden Syriens, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Laut der oppositionsnahen Organisation, deren Angaben für Medien meist kaum zu überprüfen sind, wurden seit Beginn der Offensive in Palmyra mindestens 400 Jihadisten getötet. "Es sind die schwersten Verluste für den IS in einer einzigen Schlacht seit seiner Entstehung" im Jahr 2013, sagte Abdel Rahman. Auf Seiten der Regierung seien 188 Soldaten und Milizionäre getötet worden.

Verlust der Wüste

Mit Palmyra verliere die IS-Miliz "automatisch die große syrische Wüste" bis zur Grenze zum Irak, sagte Abdel Rahman. Auch dort sind die Jihadisten zunehmend unter Druck: Nach langer Vorbereitung startete die irakische Armee am Donnerstag eine Offensive auf die IS-Hochburg Mossul. Neben Mossul kontrollieren die Jihadisten nun vor allem noch die syrische Stadt Raqqa und Teile von Deir Ezzor.

Das syrische Oberkommando kündigte am Sonntag an, von Palmyra aus werde die Armee eine Offensive auf die IS-Hochburg Raqqa und Deir Ezzor starten. Die Jihadisten sollten in die Zange genommen und von ihrem Nachschub abgeschnitten werden, um "ihrer Existenz ein Ende zu setzen" in Syrien, hieß es laut der amtlichen Nachrichtenagentur SANA in der Erklärung der Streitkräfte.

Laut Abdel Rahman verweigert eine kleine Gruppe von Jihadisten den von der IS-Führung angeordneten Abzug aus Palmyra und will offenbar "bis zum bitteren Ende" kämpfen. Die Gefechte um den Flughafen im Südosten der Stadt dauerten noch an.

Die russische Luftwaffe war mit hunderten Angriffen an der Offensive auf Palmyra beteiligt. Laut dem Verteidigungsministerium in Moskau flogen Kampfflugzeuge allein zwischen Freitag und Samstag Angriffe auf 158 Ziele. Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche überraschend den Abzug des Großteils der russischen Truppen angeordnet, doch bleibt weiterhin ein bedeutendes Kontingent im Land.

Der Iran hat dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zur Rückeroberung Palmyras gratuliert. Auf die Entschlossenheit Syriens zur Vernichtung der Terrorgruppen könne man stolz sein, sagte der Chef des nationalen iranischen Sicherheitsrates, Ali Shamchani, am Montag der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge. Die iranische Regierung und die Armee würden Syrien weiterhin voll unterstützen. (APA, 27.3.2016)