Wenn die Stechuhr stempelt, ist der Arbeitstag vorbei. Meistens. Manchmal aber laden Smartphone und Laptop noch zum Weiterarbeiten nach Dienstschluss ein – und nicht jeder schlägt diese Einladung aus.

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Mit unregelmäßiger Regelmäßigkeit schwappt die Forderung der Arbeitgeber nach flexibleren Arbeitszeiten an die Oberfläche. Derzeit wird in Deutschland einmal mehr darüber diskutiert, ob der Achtstundentag überhaupt noch zeitgemäß ist. Auch Österreich ist die Frage nach einer Arbeitszeitflexibilisierung nicht fremd.

Wie in Österreich gilt auch in Deutschland eine tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden. Die maximal zulässige Höchstarbeitszeit beträgt zehn Stunden. Ausnahmen wie Bereitschaftsdienste und "besonderer Arbeitsbedarf" lassen längere Arbeitstage zu. Laut einer aktuellen Befragung im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich arbeitet jeder dritte österreichische Arbeitnehmer auch in der Freizeit, jeder fünfte im Urlaub, 17 Prozent sogar im Krankenstand. Manche machen das, weil sie es gerne tun, andere, weil das Arbeitspensum in der Regelarbeitszeit nicht erfüllbar war, ergibt die Umfrage. Smartphone und Laptop tun ihr Übriges und lassen die Grenzen von Arbeitszeit und Freizeit oft ausfransen.

Erneute Forderung

Der Präsident der Deutschen Arbeitgeberverbände bekräftigte nun die Forderung; es sei höchste Zeit, die Arbeitszeiten an die neuen, oft digitalen Arbeitswelten anzupassen. Wie das seiner Meinung nach gehen soll? Indem der Achtstundentag einer höchstzulässigen Wochenarbeitszeit weicht. Damit soll es dann möglich sein, auch einmal mehr als zehn Stunden am Tag zu arbeiten und sich dafür an einem anderen Tag freizunehmen.

Die deutschen Gewerkschaften sind nicht sonderlich begeistert von der Forderung, sie befürchten eine Verschlechterung für die Arbeitnehmer. Einen Reformbedarf bei der Arbeitszeit sehen die Arbeitnehmervertretungen jedenfalls nicht, und wenn schon, dann in Richtung eines Rechts auf Homeoffice, also das Arbeiten von zu Hause aus.

Auch in Österreich landen die flexibleren Arbeitszeiten regelmäßig auf den Debattiertischen der Sozialpartner. Auch wenn die Abschaffung des Achtstundentags hierzulande noch nicht diskutiert wird, verlaufen die Trennlinien zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern ähnlich wie in Deutschland.

Uneinheitlicher Arbeitsmarkt

Dem Wunsch nach einer Flexibilisierung von Arbeitszeiten steht ein heterogener Arbeitsmarkt gegenüber. Er reicht von Schichtarbeit mit klar geregelten Arbeitszeiten über unterschiedliche Formen von Teilzeitarbeit, Gleitzeitregelungen, bis hin zu All-in Verträgen. Eine Arbeitszeitflexibilisierung würde diese Bereiche sehr unterschiedlich treffen.

Bei einer Flexibilisierung von Arbeitszeiten gehe es daher vor allem um die Frage, für wen die jeweiligen Vor- und Nachteile gelten, sagt Wifo-Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer zum STANDARD. Einen Anpassungsbedarf gebe es, der Achtstundentag sei in vielen Bereichen ohnehin nicht mehr Realität, eine flexiblere Regelung könnte also auch Arbeitnehmern nutzen. Zum Beispiel mit Freizeitoptionen kann dem Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung entsprochen werden. Gesammelte Freizeitblöcke können dann im Einvernehmen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern konsumiert werden, etwa für eine längere Auszeit.

Unternehmen wollen mit flexibleren Modellen meist Spitzen abdecken, also Mehrarbeit ohne großen Mehraufwand abdecken. Das muss aber nicht immer mit den Interessen der Arbeitnehmer übereinstimmen. Wenn dadurch etwa längere Durchrechnungszeiträume Überstundenzuschläge wegfallen, kommt das einer Lohnreduktion gleich. Oder, wenn die Produktionsspitze in die gewünschte Urlaubszeit fällt. Hier ist für neue Regelungen ein Interessenausgleich erforderlich, sagt Mahringer. (Daniela Rom, 30.3.2016)