Die Koch-Brüder sind zum Synonym geworden für eine Gruppe von Multimilliardären, die sich seit Jahrzehnten "philanthropisch" engagieren, um die politische Landschaft der USA radikal umzugestalten. Die Journalistin Jane Mayer hat darüber ein Buch geschrieben: Dark Money.

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Demonstranten gegen den Kauf der Los Angeles Times durch die – auf Schildern abgebildeten – Koch-Brüder im Mai 2013.

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Wer fürchtet sich vor den Koch-Brüdern? Fast die gesamte demokratisch-liberale Hälfte der USA. Die Koch-Brüder sind zum Synonym geworden für eine Gruppe von Multimilliardären, die sich seit Jahrzehnten "philanthropisch" engagieren, um die politische Landschaft der USA radikal umzugestalten: Libertär, also mit einer Grundskepsis gegenüber Staat und Regierung, gründen sie Stiftungen, konservative Braintrusts, beeinflussen Richter und finanzieren Forschungszentren an renommierten Universitäten, um die Kultur der USA nachhaltig zu verändern.

Dunkles Geld

Die New Yorker Journalistin Jane Mayer hat darüber ein hervorragendes Buch geschrieben: Dark Money. Sie deckt darin die Geschichte dieser Superreichen und ihre Unterstützung der radikalen Rechten auf. Paradox ist, dass die meisten ihr Vermögen mit Staatsaufträgen gemacht haben, in der Erdöl-, Chemie- und Waffenindustrie. Der Vater von Charles und David Koch erfand 1927 etwa ein Raffinerieverfahren und baute dann sein Vermögen durch Geschäfte mit Stalin, Hitler und der US-Regierung auf. Jane Mayer vermutet, dass die Kochs und ihresgleichen ein paar hundert Milliarden Dollar in ihren Kriegskassen haben. Sie waren zwar bislang bei Präsidentschaftswahlen wenig erfolgreich und werden das auch bei dieser nicht sein – Donald Trump und Ted Cruz sind ihnen zu unberechenbar. Dennoch haben sie die USA bereits über Gouverneurs- und Kongresswahlen und Gerichtsverfahren verändert. Zu zeigen, dass die Regierung nicht funktioniert, ist Teil des großen Plans.

Hochkarätiges Programm in Stanford

Das Faszinierende an Stanford ist, dass man hier auch am Puls der gesellschaftspolitischen Diskussion ist. Da muss man sich an einem Tag zwischen zwei Nobelpreisträgern und der deutschen Verteidigungsministerin entscheiden, anderntags treten ein ehemaliger US-Verteidigungsminister und eine ehemalige US-Außenministerin auf, Bestsellerautoren und weltweit führende Wissenschafter sowieso. Dieser intellektuelle Feinkostladen lässt wenige Wünsche offen.

Auch Jane Mayer wurde eingeladen, um mit Stanford-Wissenschaftern die dunkle Seite der Philanthropie zu diskutieren. Historisch gab es in den USA immer starke Vorbehalte gegen die politische Macht großer Stiftungen. So wurde in den 1920ern per Gesetz der Wirkungsbereich der Rockefeller-Stiftungen eingeschränkt. Auch dem Engagement der Superreichen für die neue Rechte steht man sehr besorgt gegenüber. Perfide an den regierungsfeindlichen Aktivitäten der Kochs, Scaifes, Olins, Bradleys und wie sie alle heißen ist, dass sie philanthropisch verbrämt und steuersparend finanziert werden. "Philanthropie als Waffe", wie das Jane Mayer bezeichnet.

Dubiose Finanzierungen

Im Unterschied zu anderen Unternehmen, die wie weiland die Tabakindustrie in der Defensive kämpften, wollen es die neuen Philanthro-Artilleristen erst gar nicht dazu kommen lassen, dass ihre Gewinnmöglichkeiten eingeschränkt werden. Mit ihrem Kapital finanzieren sie dubiose Forschungsprojekte, die zeigen, dass es den Klimawandel gar nicht gibt, dass Unternehmensbesteuerung zu Massenarbeitslosigkeit führt und dass die Regierung selbst die Krankheit ist, die sie zu heilen vorgibt. Ihr gesellschaftliches Wunschbild ist die totale Freiheit des Unternehmertums, das ohne Rücksicht auf ökologische oder soziale Verträglichkeit Gewinne maximieren kann.

Warum es Super-PACs gibt

Zu den größten Erfolgen der Koch-Brüder und ihrer Mitstreiter zählt ein Höchstgerichtsspruch 2010. Dabei ging es um die Zulässigkeit von politischen Kampagnen, die durch Unternehmen und große NPOs finanziert werden. Vor diesem knappen 5:4 Urteil war es solchen Gruppen verboten, sich mit millionenteuren Werbefilmen in Wahlkämpfe einzumischen. Citizens United änderte die Rechtslage, nun können die Superreichen ungestraft sogenannte Super-PACs (Political Action Committees) gründen, die Kampagnen zur Unterstützung oder Vernichtung von Kandidaten führen und dafür unbeschränkte Mittel einsetzen dürfen. (31.3.2016)