Durham/Wien – Der Klimawandel hat deutliche Auswirkungen auf die Biodiversität. Wissenschafter präsentieren nun im Fachjournal "Science" eine groß angelegte Studie mit 525 Vogelarten, in der erstmals nachgewiesen wurde, dass Vogelpopulationen in Europa und den USA in ähnlicher Weise auf die Veränderung des Klimas reagieren.

Seit Jahrzehnten werden Daten über die Bestände einzelner Vogelarten von Freiwilligen erhoben. So überwacht die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich die Bestände heimischer Brutvogelarten. Für dieses "Brutvogel-Monitoring" zählen seit 1998 jedes Jahr rund 160 freiwillige Mitarbeiter Vögel an festgelegten Zählpunkten in ganz Österreich.

Die österreichischen Ergebnisse fließen dann in ein europäisches Programm zur Bestandsüberwachung häufiger Vogelarten ein, eine ähnliche Initiative gibt es in den USA. "Angesichts dieser Datenfülle, die teilweise 35 Jahre zurückreicht, konnten wir Analysen durchführen, die für andere Tiergruppen nur sehr schwer oder gar nicht möglich sind", erklärte einer der Ko-Autoren der Studie, Norbert Teufelbauer von BirdLife Österreich.

Regionale Unterschiede

In der von Philip Stephens (Durham University) geleiteten Studie haben die Wissenschafter anhand von Verbreitungsdaten verschiedener Vogelarten und Klimadaten Prognosen für deren Zukunft erstellt. Erfasst wurden 145 Spezies in Europa und 380 in Nordamerika zwischen 1980 und 2010. "Anhand der Ergebnisse des Bestandsmonitoring haben wir dann überprüft, ob diese Prognosen in diesem Zeitraum auch tatsächlich zutreffen", so Teufelbauer.

In Österreich ist das dem Biologen zufolge etwa bei Star, Türkentaube oder Nachtigall der Fall, bei denen eine deutliche Zunahme der Bestände prognostiziert und auch tatsächlich registriert wurde. Ebenso trifft dies auf die deutliche Abnahme von Wintergoldhähnchen, Wacholderdrossel oder Fitis zu.

Der Studie zufolge haben etwa die eher im südlichen Europa vorkommenden Bestände von Bienenfressern oder Seidensängern zugenommen, während die mehr im Norden verbreiteten Mönchsmeisen- oder Bergfink-Populationen zurückgegangen sind. Der Klimawandel kann sich bei ein und der selben Art je nach geografischer Region aber auch sehr unterschiedlich auswirken. So wachsen die Bestände des Zaunkönigs in nördlichen Regionen, wo die Winter milder werden, gehen aber angesichts zunehmend heißer und trockener Sommer im Süden Europas zurück.

Gewinner und Verlierer

Als Nebenergebnis der Studie wurde für Länder im Alpenraum wie Österreich und die Schweiz aufgezeigt, dass der Klimawandel theoretisch für viele Vogelarten positiv ist. Das führt Teufelbauer auf die Topografie der Alpen mit Seehöhen von rund 100 bis zu 3.000 Meter zurück. Bei einer Klimaerwärmung würden sich dadurch die Lebensräume für Arten vergrößern, die mit den mit steigender Seehöhe harscher werdenden Bedingungen nicht gut zurechtkommen. In der Praxis konnte dieser positive Effekt aber bei Weitem nicht bei allen Vogelarten nachgewiesen werden.

Auf der anderen Seite stehen einige Verlierer des Klimawandels, also Vogelarten, die speziell an kalte, feuchte, schneereiche Bedingungen angepasst sind. Diese würde mittelfristig Probleme bekommen – etwa das Alpenschneehuhn oder der Raufußkauz. "Für die schaut es nicht so gut aus", so der Biologe.

In diesem Zusammenhang verweist der Experte darauf, dass das Klima nicht der einzige Faktor ist, der Vogelbestände verändert. Auch wenn etwa ein wärmeres Klima den Lebensraum einer Art vergrößere, könnten negative Faktoren wie verstärkte Landnutzung dem entgegen wirken. Zudem mache es die hohe Geschwindigkeit der Veränderung den Lebewesen schwer, sich anzupassen.

Beschränkte Aussagekraft

Teufelbauer weist aber auch darauf hin, dass in den "Brutvogel-Monitor" und damit in die Studie nur eine beschränkte Anzahl der über 200 in Österreich brütenden Vogelarten eingeflossen sind, "im Wesentlichen häufige Arten und solche die tagaktiv sind". Überhaupt nicht erfasst worden seien Zugvögel, Wintergäste, etc. "Wir haben nur einen Ausschnitt der gesamten Wirklichkeit, wenngleich einen nicht unwichtigen", so der Forscher.

Weil die durch den Indikator vorhergesagten Auswirkungen des Klimawandels mit den beobachteten Bestandsgrößen sowohl in Europa als auch den USA übereinstimmen, gehen die Wissenschafter davon aus, dass ihr Modell auch für Regionen anwendbar ist, wo weniger Beobachtungsdaten vorliegen. (APA, red, 1.4.2016)