Wenige Tage nach den Anschlägen in Brüssel organisiert die britische Regierung ihre Terrorbekämpfung um. Eine bisher im Außenministerium (FCO) angesiedelte Stabsstelle zur Koordination mit befreundeten Staaten soll zukünftig vom Innenministerium aus arbeiten und dadurch eine direktere Zusammenarbeit mit Kriminalisten und Geheimdienstlern sicherstellen.

Die Reorganisierung solle "die internationale Terrorbekämpfung auf koordinierte und effiziente Weise" ermöglichen, sagte ein Sprecher der Downing Street. Die FCO-Abteilung war erst vor zwei Jahren von 85 auf 50 Personen reduziert worden. Wichtige Führungspersonen sollen jetzt ins Haus von Innenministerin Theresa May wechseln. Während dort der Inlandsgeheimdienst MI5 sowie die Antiterrorabteilung von Scotland Yard angesiedelt sind, unterliegt die Kontrolle der Auslandsspione von MI6 sowie der Lauschzentrale GCHQ Außenminister Philip Hammond.

Erinnerungen an 2004/05

Die Briten haben bittere Erfahrungen mit fehlender Koordination zwischen rivalisierenden Behörden gemacht. Während der Observation einer Londoner Jihadistengruppe verfolgten MI5-Mitarbeiter 2004 zwei Männer von London bis nach Nordengland. Da die beiden mit dem geplanten Anschlag der Zielpersonen nichts zu tun hatten, wurde ihre Überwachung eingestellt, ohne dem örtlichen Staatsschutz Bescheid zu geben. Im Jahr darauf gehörten Mohammed Sidique Khan und Shezad Tanweer zu dem Quartett, das in der Londoner U-Bahn und einem Doppeldeckerbus 52 Menschen tötete.

Die Anschläge vom 7. Juli 2005 ("7/7") hatten intensivere Zusammenarbeit der heimischen Behörden zur Folge, aber auch bessere Koordination mit ausländischen Terrorbekämpfern. Die 7/7-Mörder hatten in Pakistan Hilfe und Ausbildung von Al-Kaida bekommen. Inoffiziell ist in London von über 40 geplanten Attentaten die Rede, die in den vergangenen Jahren verhindert werden konnten. Premier David Cameron spricht öffentlich von "sieben Versuchen in den vergangenen achtzehn Monaten".

Zugeknöpft gibt sich Innenministerin May auch, was Erkenntnisse zu möglichen Verbindungen der Attentäter von Paris und Brüssel mit der Insel angeht: Der getötete Bandenchef Abdelhamid Abaaoud besuchte im Herbst London und Birmingham, wo neben hunderttausenden hervorragend integrierten Muslime auch kleine Minderheiten von Fanatikern anzutreffen sind.

Der örtliche Labour-Abgeordnete Steve McCabe ärgert sich über die Verschwiegenheit der Innenministerin: "Wir brauchen klarere Informationen über die Risiken." (Sebastian Borger aus London, 1.4.2016)