Flüchtlingskinder sollen schnell Deutsch lernen. Die Umsetzung des Vorhabens könnte schwierig werden.

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Sandra Frauenberger (SPÖ)

Funktion: Seit 2007 ist Sandra Frauenberger Stadträtin für Integration, Frauen, Personal und Konsumentenschutz. Nach der Regierungsbildung 2015 tauschte sie Letzteren gegen die Bildung.

Budget: Insgesamt hat das Stadtratsbüro ein Budget von 2,9 Milliarden Euro, davon 1,8 Milliarden für Bildung.

Mitarbeiter: Als personalverantwortliche Stadträtin ist Frauenberger für alle 73.000 Mitarbeiter der Stadt Wien verantwortlich.

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Wien – Einerseits ist es Neuland für Stadträtin Sandra Frauenberger. Bis zur Wien-Wahl 2015 war die Sozialdemokratin für Integration, Frauen, Personal und Konsumentenschutz zuständig. Mit dem Ausscheiden ihres Parteikollegen Christian Oxonitsch aus der Stadtregierung erweiterte sich Frauenbergers Aufgabenbereich. Ganz so neu ist der aber doch nicht für sie, seien doch Integration und Bildung eng verknüpft. "Bildung ist ein Integrationsmonitor: Ein schneller Spracherwerb und ein Bildungsabschluss sind die beste Voraussetzung für eine gelungene Integrationsbiografie", sagt Frauenberger zum STANDARD.

Für diesen Bereich hat sich die Stadträtin viel vorgenommen. Die wohl größte Herausforderung wird der Ausbau der gemeinsamen Schule in Wien. "Bildung wird noch immer vererbt, je später wir die Kinder trennen, desto besser können wir das ausgleichen", sagt Frauenberger. Die von der Bildungsreform der Bundesregierung geplante Modellregion soll noch 2016 angegangen werden. "Das ist ein schönes Ziel", sagt Christiane Spiel, Bildungsforscherin an der Uni Wien zum STANDARD.

Bereitstellungslogik

Ein Hindernis sei aber, dass ein genauer Plan zur Umsetzung fehle. "Eines der generellen Probleme im Bildungssystem ist, dass wir eine Bereitstellungslogik haben", sagt Spiel: "Wir machen ein Gesetz oder eine Verordnung, und dann ist Ende." Es fehle in Österreich eine "systematische Implementation". Essenziell sei laut Spiel, wie man erreichen wolle, dass die gemeinsame Schule für alle Schüler attraktiv sei und "nicht nur von denen, die früher in die Haupt- oder neue Mittelschule gegangen sind, angenommen wird".

In einer Stadt, in der man geografisch gut ausweichen könne, würden Eltern, solange es Gymnasien gebe, ihre Kinder auch in diese schicken. "Das Etikett der gemeinsamen Schule für alle ist dann nicht zutreffend – in Wien geht es nur ganz oder gar nicht."

Um mehr Akzeptanz für eine gemeinsame Schule zu schaffen, will Frauenberger Eltern, Lehrer und Schüler besser informieren und Positivbeispiele aufzeigen.

Derlei "Überzeugungsarbeit" sei, so Spiel, wichtig: "Man muss zeigen, dass innerhalb der gemeinsamen Schule eine große Heterogenität bestehe, die größer ist als die Differenz, die durch die getrennten Bildungseinrichtungen besteht." Eltern sollen so nicht das Gefühl haben, dass ihre Kinder durch die Schulform von schlechteren Schülern "hinuntergezogen" werden könnten. Um allen Kindern faire Chancen zu geben, müssten alle Schulen gut sein. Der Schlüssel zur Verbesserung der Schulqualität liege in der Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen und in Schulentwicklungsprogrammen.

Frühe Förderung

Auch im Kindergarten sollen Neuerungen durchgeführt werden. Frauenbergers Ziel: Kinder, die schon im Kindergarten aus pädagogischer Sicht vor größeren Herausforderungen stehen als andere, sollen unterstützt werden. Die Sprachförderung soll ausgebaut, die Zahl der Lehrpersonen von 120 auf 240 verdoppelt werden. Zudem soll es Sprachförderung, die bisher nur für Kinder ab fünf Jahren vorgesehen war, auch für Vierjährige geben. "Gerade wenn wir aktuell an Migranten und Flüchtlinge denken, ist Sprachförderung wichtig, damit dem Unterricht gefolgt werden kann", sagt Spiel dazu. Es stelle sich aber die Frage, ob es in Wien genug qualifiziertes Personal für diese Aufgabe gebe: "Meines Wissens nicht." Es mangle ja bereits an den Kindergartenpädagogen.

Für Flüchtlinge, die nicht mehr schulpflichtig sind, will Frauenberger heuer 1000 Plätze in speziellen Jugendcolleges schaffen. Spiel bewertet das Vorhaben positiv: "In der Bildungsforschung sind wir immer mehr der Ansicht, dass es nicht eine in Jahren festgelegte Schulpflicht geben sollte, sondern eine Bildungspflicht über ein Bildungsminimum, das möglichst alle Jugendlichen erreichen sollten." (Oona Kroisleitner, 2.4.2016)