Ja, da lacht er: Jan Böhmermann.

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Mainz/Wien – Jan Böhmermann ist nicht nur ein Junge, der gern mit Streichhölzern spielt. Sondern einer, der erst zufrieden ist, wenn’s brennt. Und richtige Freude hat er erst, wenn wo was in die Luft geht.

In die Luft ist (noch) nichts gegangen, aber es sieht so aus, als wäre beim Zweiten Deutschen Fernsehen Feuer am Dach gewesen. Denn die Sequenz seines am Donnerstag, 31.3.2016, über den Äther und die Bildschirme der Internetnutzer geflimmerten Neo Magazin Royale, in der Böhmermann ein Schmäh- und Spottgedicht auf Recep Tayyip Erdoğan vorträgt, wurde Freitagnachmittag aus der ZDF-Mediathek und von Youtube gelöscht.

Reaktion auf Reaktion auf "extra3"

Mit den herausfordernden, als "Schmähkritik" betitelten Zeilen antwortete Böhmermann auf die Reaktion Erdoğans auf den Satire-Song Erdowie, Erdowo, Erdogan der NDR-Sendung extra3, der Mitte März für Aufregung und diplomatische Verstimmung zwischen der Türkei und Deutschland gesorgt hatte. Erdoğan hatte den deutschen Botschafter einbestellt und gefordert, den Beitrag zu löschen.

Er wollte so auf den Unterschied zwischen erlaubter Satire und der (auch) in Deutschland verbotenen Form der Schmähkritik hinweisen, erklärte der Satiriker im Zuge der Darbietung.

extra 3

Der Schritt des ZDF verwundert zum einen wenig, war Böhmermanns Ständchen dementsprechend doch kalkulierte Provokation. Weniger satirische Zuspitzung, sondern eine über weite Strecken Schimpfworte und Beleidigungen aneinanderreihende Herausforderung an den türkischen Präsidenten.

Darin meinte Böhmermann etwa, Erdoğan schaue Kinderpornos, sei "pervers, verlaust und zoophil" – und reimte das auf "Recep Fritzl Priklopil". Weiters sei etwa dessen Kopf "so leer, wie seine Eier, der Star auf jeder Gangbang-Feier", um ins Finale zu münden: "Bis der Schwanz beim Pinkeln brennt, das ist Recep Erdoğan, der türkische Präsident."

"Entspricht nicht den Ansprüchen"

"Wir sind bekannt dafür, dass wir bei unseren Satire-Formaten breite Schultern haben und den Protagonisten große Freiräume geben", sagte ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler dem Nachrichtenmagazin Spiegel. "Aber es gibt auch Grenzen der Ironie und der Satire. In diesem Fall wurden sie klar überschritten. Deswegen haben wir in Absprache mit Jan Böhmermann beschlossen, die Passage aus der Sendung herauszunehmen. Das betrifft das Sendungsvideo in der Mediathek, Clips auf Youtube, sowie Wiederholungen." Jan Böhmermann habe der Löschung zugestimmt, so Himmler.

April? April!

Die Theorie, dass das alles ein Aprilscherz des Grimme-Preisträgers Böhmermann sei, der im Vorjahr mit seinem Varoufake für Aufhebens gesorgt hatte, ließ nicht lange auf sich warten, twitterte der Moderator zu Mittag doch "April, April!" – allerdings ohne einen Zusammenhang zu nennen.

Dem folgte am frühen Abend ein Posting auf Facebook, in dem er kundtat: "Ich denke, wir haben heute am 1. April 2016 gemeinsam mit dem ZDF eindrucksvoll gezeigt, wo die Grenzen der Satire bei uns in Deutschland sind. Endlich!"

Es scheint, als hätte Jan Böhmermann die Medien- und Netzgemeinde einmal mehr an der Nase herumgeführt. (red, wurm, 1.4.2016)