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Die Aktivisten protestierten gegen die Grenzschließungen.

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Es kam zu mehreren Festnahmen.

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Die Themen Flucht und Flüchtlingsunterbringung haben am Wochenende mehrere hundert Menschen der unterschiedlichsten Lager in Tirol zu Protesten veranlasst. Am Sonntag marschierten rund 800 Menschenrechtsaktivisten von Italien aus über den Brenner nach Österreich, um gegen die geplante Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu demonstrieren.

Zuerst verlief alles friedlich, am Nachmittag kam es dann zu Ausschreitungen. Laut Polizei hatte eine Gruppe bengalische Feuer gezündet, mehrere Verkehrszeichen mit Lackspray besprüht und Beamte mit Steinen und Flaschen beworfen. Einige Demonstranten liefen auf die Gleise, weshalb ein Zug notbremsen musste.

Kritik an "Kampfrhetorik" Österreichs

Insgesamt waren rund hundert Polizisten anwesend, die schließlich Pfefferspray und Stöcke eingesetzt hätten. Drei Beamte wurden verletzt, 15 durch "Pfefferspray beeinträchtigt", auch 15 Protestteilnehmer mussten laut Polizei von Rettungskräften versorgt werden. Die Ermittlungen laufen, derzeit werde Videomaterial ausgewertet, hieß es. Es kam zu Festnahmen.

Am Montag wurde dann auch noch einmal von offizieller Seite Kritik an den Grenzkontrollen auf dem Brenner laut: Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) hält die Ankündigung von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), auch Soldaten an der Grenze einsetzen zu wollen, für "Kampfrhetorik".

Innsbrucker Gemeinderat: "Erinnert an Pegida"

Zuvor hatte am Samstag die "Interessengemeinschaft Arzl" bei einer Kundgebung in Innsbruck gegen Asylwerber mobilgemacht. Ihr erklärtes Ziel: Ein "Massenquartier für 240 männliche Flüchtlinge" verhindern. Im Gewerbegebiet Arzl wurde kürzlich eine Traglufthalle errichtet, die demnächst von Asylwerbern bewohnt werden soll. Unterstützt wurde die Protestaktion von der FPÖ und der Liste Fritz.

Zu sehen waren dort dann auch zahlreiche Flaggen mit dem Logo der rechtsextremen Identitären, die nach eigener Angabe vor allem dafür kämpfen, dass "Österreich das Land der Österreicher bleibt". Der in Innsbruck für Flüchtlinge zuständige Stadtrat Franz Gruber (ÖVP) musste schließlich seine Rede abbrechen, der grüne Gemeinderat Mesut Onay erzählt, gestoßen und beleidigt worden zu sein. Demonstranten hätten Parolen wie "Wir sind das Volk" und "Raus mit Asylanten" geschrien. "Das erinnert an Pegida", sagt Onay.

Initiative zur privaten Flüchtlingsunterbringung

Der Flüchtlingsdienst der Diakonie und die Plattform Bleiberecht haben indessen mit Unterstützung des Landes Tirol am Montag eine Initiative zur privaten Unterbringung von Flüchtlingen gestartet. "Angesichts des großen Bedarfs an Unterkünften für schutzsuchende Menschen stehen wir vor einer Herausforderung, der mit unterschiedlichen Strategien begegnet werden muss", sagt die zuständige Landesrätin Christine Baur (Grüne).

Im Rahmen der Kampagne sollen Tiroler ermutigt werden, für Flüchtlinge Zimmer oder Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Die Vermittlung wird über die Diakonie abgewickelt. Auf Wunsch werde auch ein "Kennenlerntreffen" organisiert. Für die Unterbringung einer Einzelperson sei ein "Mietzuschuss" von bis zu 120 Euro vorgesehen, wer Wohnraum für eine Familie bereitstellt, erhalte bis zu 240 Euro.

"Auch aufgrund des geringen Entgeltes für die Vermieter ist die private Unterbringung aber keine grundsätzliche Lösung", sagt Michael Kerber von der Diakonie. "Die Gemeinden können dadurch nicht aus der Verantwortung genommen werden." (Katharina Mittelstaedt, 4.4.2016)