Mit 67 Jahren nur mehr am "Abkochen": Erich Tecka.

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Eine weitere Zeitreise in die reiche Basketballhistorie Östereichs. Ein Doppelgespräch mit den österreichischen Basketball-Legenden Erich Tecka und Fritz Miklas auf W24.

Basket Flames

Wien – Erich Tecka braucht keine Nachdenkpause. "Damals", sagt der 67-jährige Wiener, "herrschte fast eine Hysterie um Basketball." Und mit seinen bedächtigen Worten gehen in Gedanken die Lichter über den Körben in der Stadthalle an. 2. Februar 1972. Auf den Tribünen versammeln sich 5000 Zuschauer, die Luft ist verraucht. Damals wurde in Flugzeugen getschickt, im Kino und selbstverständlich auch in der Sporthalle. Das galt nicht als ungesund. Österreichs Meister UBSC Wien empfängt im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister den vierfachen Champion Real Madrid. Warum die Weltsportart Basketball auch einmal dem Österreicher die Welt bedeutete? "Weil wir einfach gut waren", sagt Tecka.

Österreich war einmal eine Basketballnation, und Erich Tecka bleibt bis heute ihre größte Legende. Gegen Madrid scort er 17 Punkte, UBSC Wien gewinnt das Hinspiel sensationell mit 86:85, verliert aber das Rückspiel und im Gesamtscore. Spielbeginn war 19.30 Uhr, "weil wir uns nach niemandem richten mussten". Der ORF übertrug live auf FS 1, die "Zeit im Bild" musste auf FS 2 ausweichen. Für Basketball.

Erich Tecka ist 2,02 Meter groß, die Beine sind lang, die Arme kann er im Kaffeehaus im Sitzen auf seinen angewinkelten Knien aufstützen, ohne dabei krumm zu sitzen. Tecka wurde 13-mal in Folge österreichischer Meister, ist mit 129 Einsätzen Rekordnationalteamspieler. In einem Bundesliga-Spiel erzielte er einmal 88 Punkte. Tecka hätte auch in der NBA landen können, wäre diese da-mals schon so populär gewesen wie heute. "Es gab nicht einmal Scouts."

Sport statt Akkordeon

Am Anfang aber war das Akkordeon. Die Mutter wollte, dass Erich Musiker wird, und Geld verdient. "Der Opa war Klavierspieler. Während des Krieges spielte er stundenlang in Wirtshäusern, im Gegenzug dafür wurde die ganze Familie am Sonntag verköstigt." Nach Jahren der Musik und Zwischenstationen bei Austria und Helfort kam Tecka mit 16 vom Fuß- zum Basketball, innerhalb von sechs Monaten schaffte er es bereits ins Junioren-Nationalteam. Als gelernter Maschinenschlosser wollte er eigentlich Lokführer werden. Sein Verein UBSC Wien machte ihm damals aber das Angebot, einen HTL-Abschluss als Maschinenbauer zu finanzieren. Tecka blieb beim Basketball, maturierte mit 25 im selben Jahr, in dem er auch seine erste Frau Brigitte heiratete, mit der er später zwei Kinder bekam.

Tecka war eine medial bekannte Figur, und als solche nahm er auch am ersten Zehnkampf der Supersportler in der Stadthalle 1975 teil. Im Duell mit Hans Krankl, Niki Lauda oder Karl Schnabl ging es über Hindernisparcours, sprang man auf Stelzen und setzte Schneemännerpuzzles zusammen. Peter Rapp moderierte, Peter Cornelius gab einen Show-Act.

Als Sportler und später als Funktionär zog Erich Tecka oftmals Sponsoren an Land, weil "ich halt das Aushängeschild war". "Mit Bruno Kreisky verhandelte er genauso wie mit seinem Freund Martin Bartenstein. Mit Sponsoren gelang es ihm, drei Millionen Schilling für die Superliga aufzustellen, eine Vier-Länder-Konkurrenz mit Tschechien, Slowakei, Ungarn und Österreich. Unter Chef Bartenstein war Tecka als geschäftsführender Präsident des österreichischen Basketball-Verbandes (ÖBV) tätig, 2005 trat er zurück. In einem Abschiedsbrief schrieb er von "selbstgefälligen und egoistischen Funktionären". Neid und Missgunst lähmten den österreichischen Basketball in der Vergangenheit immer wieder.

Abenteuer in Arabien

Wo Erich Tecka hinkam, machte er Türen auf, oder er baute sie ein. Als Geschäftsführer einer Türenfirma "habe ich über zwei Millionen Türen verkauft. Von Ungarn über die Türkei bis nach Mekka. Als Christen durften wir den heiligen Bezirk nicht betreten, mussten den Arabern vorab zeigen, wie man Türen und Rahmen tischlert." Seine damalige Frau betrieb eine Trafik in Purkersdorf, "die einzige im ganzen Ort. Wir hatten sechs Angestellte und vier Kassen."

Teckas Liebe zum Sport war stets eine Konstante. Als Kapitän führte er Österreich 1977 zum größten Erfolg seiner Basketballgeschichte. Sensationell gelang der Durchmarsch von der C- in die A-Gruppe und Platz zwölf bei der Europameisterschaft in Belgien. Auf dem Weg nach Lüttich schlug man Giganten wie Frankreich, Griechenland oder die Türkei. Das "Wunderteam" war wochenlang unterwegs, Tecka musste deshalb Ausschreibungen für die Türenfirma unterwegs zusammenrechnen und seiner Sekretärin nach Wien faxen. "Wir haben deshalb um keinen Schilling weniger Umsatz gemacht."

Kein Weg ins Ausland

Diese Zeit hat Erich Tecka nie bereut, weil er die ganze Welt bereist hat. "Und fast wäre ich einmal Grieche geworden." Sommer 1969: EM-Quali in Saloniki. Österreich schlägt Griechenland, von 66 Punkten macht der 21-jährige Tecka 42. Der Präsident von Olympiakos Piräus, ein reicher Reeder, will ihn sofort verpflichten. "Ich hätte seine Tochter heiraten sollen." Bis zum Bosman-Urteil sollten noch Jahrzehnte vergehen. So entschied der damalige Verbandschef August Pitzl ex praesidio, dass ÖBV-Spieler erst mit 26 Jahren ins Ausland wechseln durften. Es folgten weitere Angebote, aus Mailand und München. Mit Spartak Brünn hätte er zum Weltpokal nach Atlanta fliegen sollen, "diese Chancen wurden vom Verband zunichtegemacht".

Zu kurz gekommen ist das Familienleben. Tecka trainierte jahrelang zweimal täglich, davon hätte man bei den Kickern nur träumen können. Mit Converse-Patschen wurde auf Betonböden mit Kunststoffbelag gespielt. Schuhdämpfung war noch ein Fremdwort. Heute ist er nicht mehr länger als eine Stunde zu Fuß unterwegs, sonst würden Füße und Zehen taub. Tecka hat mit 54 noch einmal geheiratet, wieder eine Brigitte, lebt in Admont (Steiermark). Seit fünf Jahren ist er Pensionist. Was er heute noch macht? "Abkochen." Nach einer Bandscheiben-OP setzt er sich nur mehr aufs Fahrrad. Mit 140 Puls. "Und wenn ich gut drauf bin, fahre ich einen Mugel hinauf." (Florian Vetter, 4.4. 2016)