Ab einer bestimmten Personenzahl im Haushalt keine Hilfe mehr zu gewähren war für den Verfassungsgerichtshof schon einmal verfassungswidrig.

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Wien – Wirkliche Klarheit hat das von der Regierung in Auftrag gegebene Gutachten zu der Frage, wo Flüchtlinge bei Sozialleistungen gegenüber Inländern schlechtergestellt werden dürfen, nicht gebracht. Wie berichtet streiten SPÖ und ÖVP seither über die Interpretation der Studie.

Das gilt auch für die Frage, ob der ÖVP-Wunsch nach einer Deckelung der Mindestsicherung zulässig ist. Das Gutachten des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien hielt dazu fest, dass eine Höchstgrenze "grundsätzlich zulässig" sei, "sofern der Höchstbetrag das Mindestniveau sichert". Allerdings müsste eine solche Deckelung "für alle Berechtigten" gelten, also nicht nur für Flüchtlinge.

Deckel bei 1.500 Euro

Keine explizite Antwort gab es aber auf die Frage, ob der konkrete ÖVP-Wunsch nach einer Obergrenze bei 1.500 Euro im Monat möglich wäre. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) wiederum beruft sich in seiner Ablehnung einer Deckelung auf eine Einschätzung des Verfassungsdiensts im Kanzleramt. DER STANDARD hat sich daher auch diese Expertise näher angesehen.

Dort wurde explizpit die Forderung nach einer Grenze von 1.500 Euro bewertet. Sie kann dann überschritten werden, wenn zwei Erwachsene mit zumindest zwei Kindern vollunterstützt von der Mindestsicherung leben. Im Jahr 2014 gab es davon laut Sozialministerium rund 15.000 Haushalte.

Probleme mit dem Gleichheitsgrundsatz

Der Verfassungsdienst hält eine solche betragsmäßige Höchstgrenze mit dem Gleichheitsgrundsatz für "nicht vereinbar". Er beruft sich dabei auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1988, das auf die jetzigen ÖVP-Pläne umlegbar sei.

Damals ging es um das Kärntner Sozialhilfegesetz. Dieses legte einen Höchstrichtsatz für Haushalte von 5.240 Schilling fest. Die Folge: Ab dem dritten Haushaltsangehörigen gebührte "nahezu oder überhaupt keine Hilfe zum Lebensunterhalt", wie es im Urteil des Verfassungsgerichts heißt.

Da aber "kein sachlicher Grund" bestehe, ab der dritten Person "derart abrupt zu kürzen", wurde die Bestimmung als gesetzeswidrig aufgehoben. Die Kärntner mussten dann nach Personengruppen abgestufte Richtsätze festlegen – ohne Obergrenze.

Vorarlberg gegen Deckelung

Gegen eine Deckelung sprach sich am Montag auch die schwarz-grüne Landesregierung in Vorarlberg aus. Die dortige Landes-ÖVP vertritt also eine andere Linie als die Bundes-ÖVP. Setzen will man stärker auf Sanktionen bei Fehlverhalten, aber auch auf eine Reduktion der Wohnkosten im Rahmen der Mindestsicherung. Vorarlberg übernimmt derzeit, wie auch Tirol, grundsätzlich die vollen Wohnkosten, in anderen Bundesländern sind pauschal 25 Prozent der Mindestsicherung für Wohnkosten reserviert. (Günther Oswald, 4.4.2016)