Nach Breivik, Bataclan und Co spaltet die Debatte um ein Verbot halbautomatischer Schusswaffen Österreichs Parteien in zwei Lager. Der Grüne Peter Pilz spricht angesichts der Allianz von ÖVP, FPÖ, Neos und Team Stronach gar von einer "Kalaschnikow-Front" zur Verhinderung rigiderer Gesetze.

Foto: Robert Newald

Wien – Angesichts der steigenden Terrorgefahr in Europa tut sich hierzulande eine Front zwischen den Parteien auf, wie Attentate am besten zu vermeiden sind: Rot und Grün machen sich aktuell für ein rigides Verbot von halbautomatischen Schusswaffen stark – wogegen sich ÖVP, FPÖ, die Neos und das Team Stronach sträuben.

Breivik, Bataclan und Co

Rückblende: Im Jahr 2011 ermordete der Norweger Anders Breivik mit einer Ruger 77 Menschen auf der Insel Utøya. Anfang 2015 erschoss ein Islamistenduo mit Sturmgewehren zwölf Personen bei dem Anschlag gegen die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo". Und im November 2015 feuerten drei Jihadisten mit Kalaschnikows im Pariser Konzertsaal Bataclan in die Menge. Die traurige Bilanz, allein in diesem Club: 89 Tote.

EU-Kommission für Verbot

Nicht zuletzt deswegen drängt die EU-Kommission auf eine neue Richtlinie rund um den Erwerb von Feuerwaffen, die etwa Mindestalter und Onlinehandel strenger regeln soll. Am liebsten würden Jean-Claude Juncker und Co es sehen, wenn auch fast alle halbautomatischen Gewehre wie ihre vollautomatischen Geschwister verboten würden.

Achse des Widerstands: Berlin, Sofia und Wien

Doch beim letzten EU-Rat zu der Angelegenheit im März, an dem auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) teilgenommen hatte, sprachen sich vor allem Deutschland, Bulgarien und Österreich, in nationaler Hinsicht allesamt fleißige Waffenproduzenten, gegen ein derart striktes Verbot aus. Offizielle Begründung Wiens laut dem Protokoll zum Konsultationsverfahren: "Halbautomatische Waffen spielen für Sport und Jagd eine große Rolle, daher sollten sie (...) weiterhin in die Kategorie B fallen." Und: "Die MS (Mitgliedsstaaten, Anm.) sollen weiterhin die Möglichkeit haben, Waffen der Kategorie A (vollautomatische, Anm.) zu bewilligen, sofern keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vorliegt."

Grüne warnen

Seit einer kontroversiellen Diskussion im EU-Unterausschuss vergangene Woche spricht Peter Pilz daher von einer heimischen "Kalaschnikow-Front". Der Grund für die drastischen Worte des Grünen: Waffennarren können halbautomatische Gewehre nicht nur zu vollautomatischen "auffrisieren", aber auch ohne so einen Umbau können Attentäter binnen kürzester Zeit damit 30 bis 40 Schuss pro Magazin gezielt abfeuern, ein Maximum an blutigen Konsequenzen inklusive. Pilz’ Vorwurf an Mikl-Leitner lautet daher in Anspielung auf die heimische Waffenindustrie: "Der Ministerin sind ein paar Mitglieder der Wirtschaftskammer wichtiger als potenzielle Opfer von Terroristen."

Rot kritisiert schwarzes Herumlavieren

Schützenhilfe erhält er von SPÖ-Mandatar Hannes Weninger. Er stößt sich "am Herumlavieren" – auch des Koalitionspartners ÖVP – bei dem Thema: "Die Bevölkerung beginnt sich zu bewaffnen – und ich finde es nicht fair, bei dieser Debatte die Sportschützen und die Jäger vorzuschieben, weil man diese so offenbar abdrehen will."

Warten auf Definition

Auf Anfrage heißt es dazu aus dem Büro von Mikl-Leitner: "Auf EU-Ebene" sei "derzeit noch nicht definiert, welche halbautomatischen Waffen verboten werden sollen." Und man versichert: Österreich trete "mit der Mehrheit der Staaten dafür ein, dass klar definiert wird, welche halbautomatischen Waffen verboten werden sollen".

Neos gegen Generalverdacht

Doch auch Rainer Hable von den Neos stemmt sich gegen ein Totalverbot, denn: "Wir haben ein strenges Waffengesetz und es kann nicht sein, dass man unbescholtene Bürger, die geistig gesund sind, unter den Generalverdacht stellt, Terroristen zu sein." Nachsatz: "Außerdem erstehen Attentäter ihre Waffen kaum auf legalem Weg, denn diese sind für sie am Schwarzmarkt jederzeit erhältlich." (Nina Weißensteiner, 4.4.2016)