Wegen des prächtigen Ausblicks zieht es die Steueroptimierer nicht nach Panama-Stadt.

Foto: apa/Rodrigo Arangua

Frage: Was genau wurde enthüllt?

Antwort: Im Zentrum der Affäre steht die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Rund elf Millionen interne Dokumente der Kanzlei hat eine anonyme Quelle der Süddeutschen Zeitung zugespielt. Die Kanzlei ist spezialisiert darauf, für ausländische Kunden diskrete Unternehmensgründungen durchzuführen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Briefkastenfirmen, die keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Mossack Fonseca hilft dabei die Eigentümer dieser Gesellschaften zu verschleiern und setzt Strohmänner ein. Mithilfe des Datenleaks lässt sich in hunderten Fällen zeigen, wer die wahren Eigentümer der Briefkastenfirmen sind, aber auch wer dabei half, sie einzurichten.

Frage: Wer ist betroffen?

Antwort: In den Leaks taucht der Name von Politikern wie dem isländischen Premierminister Sigmundur ebenso auf, wie jener des Fußballstars Lionel Messi. Mehr als 500 Banken aus der ganzen Welt arbeiteten seit den 1970er-Jahren mit Mossack Fonseca zusammen. Daher tauchen auch die Namen vieler Kreditinstitute wie der deutschen Commerzbank oder der dänischen Nordea in den Dokumenten auf, weil sie Kunden beim Vermögenstransfer nach Panama behilflich waren. Die ebenfalls genannte Raiffeisen Bank International (RBI) und Hypo Vorarlberg unterhielten Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen.

Frage: Wozu dienen die Briefkästenfirmen und sind sie illegal?

Antwort: Ihr Zweck ist die Verschleierung der Vermögensverhältnisse. Das kann verschiedenste Gründe haben. Manche Geschäftsleute wollen sich vor ihren Gläubigern schützen und übertragen ihr Geld deshalb auf Briefkastenfirmen in Panama, weil die Vermögenswerte dort gut versteckt sind und daher nicht gepfändet werden können, sagt der auf die Erforschung von Steueroasen spezialisierte dänische Ökonom Niels Johannesen. Auch aus politisch instabilen Ländern kann es Sinn machen, Gelder ins Ausland zu transferieren, um sich vor Enteignungen zu schützen. Doch in vielen Fällen gibt es keine plausiblen legalen Gründe. Deshalb drängt sich der Verdacht auf, mit den Briefkastenfirmen werden Gelder aus kriminellen Geschäften gewaschen oder Steuern hinterzogen. Die Behörden in Australien und Panama haben bereits Ermittlungen aufgenommen. In Österreich prüft die Finanzmarktaufsicht, ob die RBI und die Hypo Vorarlberg die Regeln zur Verhinderung von Geldwäsche eingehalten haben.

Frage: Warum gerade Panama?

Antwort: Panama ist eine klassische Steueroase. Im jüngsten Ranking des Tax Justice Network über die weltweiten größten Schattenfinanzplätze, nahm das Land Rang 13 von etwa 90 Staaten ein. Österreich lag weit dahinter. Laut der NGO sind Unternehmen in Panama selbst den Behörden gegenüber nicht dazu verpflichtet, die internen Eigentümerverhältnisse bekannt zu geben. Öffentlich zugängliche Informationen über ein Firmenbuch gibt es ebenso nicht. Die Situation im Land hat sich zuletzt gebessert. Die Financial Action Task Force (FATF), eine internationale Organisation, die dem Kampf gegen Geldwäsche verpflichtet ist, hat Panama im Februar von der Liste der unkooperativen Staaten genommen, nachdem das Land einige Regeln verschärft hat. Doch nach wie vor ist das Land bei der internationalen Kooperation im Kampf gegen Steuerhinterzieher säumig: Aus Panama sind kaum verwertbare Informationen für Steuerfahnder zu bekommen.

Frage: Wo liegt das Problem?

Antwort: Lange Zeit war es internationale Praxis, dass Anfragen von Steuerfahndern aus Land X in Land Y nur beantwortet wurden, wenn Land X schon einen konkreten Verdächtigen im Visier hatte. Dieses System war völlig ineffektiv. Denn um einen Anfangsverdacht gegen jemanden haben zu können, benötigen Steuerfahnder zunächst spezielle Informationen, etwa über Unternehmensbeteiligungen. Genau an diese Infos kam man aber aufgrund von Regelungen wie in Panama nie heran. Künftig ist geplant, Abhilfe durch den automatischen Informationsaustausch zu schaffen. Panama legt sich gegen diesen quer.

Frage: Was ist dieser automatische Austausch von Informationen?

Antwort: Im Jahr 2014 ist als Folge der Wirtschaftskrise und nach einer Reihe von Enthüllungen aus Steueroasen Bewegung in die Frage der internationalen Zusammenarbeit gekommen. Die Industriestaatenorganisation OECD hat ein Modell für den automatischen Informationsaustausch vorgelegt. Demnach müssen künftig Banken, Versicherungen und Fonds Informationen von ausländischen Kunden an Steuerbehörden melden. Diese geben die Informationen dann an die ausländischen Kollegen weiter. Der Datenaustausch betrifft Zinseinkünfte, Veräußerungserlöse und Dividenden. Auch Unternehmen, Trusts und Stiftungen werden dem System unterworfen werden, sofern die veranlagte Summe 250.000 US-Dollar (183.000 Euro) überschreitet.

Frage: Wer macht mit?

Antwort: Fast 100 Länder, darunter Österreich. Der Clou ist, dass im neuen System immer die Vermögen der wirtschaftlich Berechtigten gemeldet werden müssen. Geht alles nach Plan, soll es künftig keinen Sinn machen, Strohmänner einzusetzen. Der Datenaustausch startet 2017 und 2018. (András Szigetvari, Simon Moser, 5.4.2016)