Der 1 cm kleine Drachenläufer mit "aufgefädeltem" Nachwuchs.

D. Briggs, D. Siveter, D. Sivete

Washington/Wien – Heutige Krebstiere haben eine Reihe von Strategien, um ihre Eier und Embryos vor Räubern zu schützen. Derek Briggs von der Universität Yale hat auch einige Beispiele dafür parat: "Sie befestigen sie an den Gliedmaßen, halten sie unter dem Panzer oder umgeben sie mit einer besonderen Tasche." Aber die nun entdeckte Strategie sei einmalig.

Die Rede ist von einem 430 Millionen Jahre alten Fossil, das Forscher kürzlich in England gefunden haben. Das etwa einen Zentimeter lange Tier hat seinen eingekapselten Nachwuchs nämlich an Leinen hinter sich hergezogen, wie ein internationales Forscherteam um Briggs im Fachblatt "PNAS" berichtet. Deshalb erhielt das wundersame Wesen auch den Namen "Drachenläufer" (Kite Runner) nach dem verfilmten Bestseller von Khaled Hosseini.

Der Drachenläufer gehört der Gruppe der Mandibeltiere an, zu denen auch Krebstiere und Insekten gezählt werden. Wahrscheinlich hat das Tier am Boden von Gewässern gelebt. Dank einer aufwändigen virtuellen Rekonstruktion – die Wissenschafter hoben das Fossil Schicht für Schicht ab und erstellten auf diese Weise digitale Aufnahmen – offenbarte sich den Forschern das einzigartige Brutpflegeverhalten.

Das gefundene Exemplar der neuen Gliederfüßerart, die den wissenschaftlichen Namen Aquilonifer spinosus erhielt, hatte zehn Nachkommen in Kapselform. "Wenn sich das Elterntier bewegt hat, haben die Jungen wie Dekoration oder befestigte Drachen ausgesehen", so Briggs.

Die zehn Nachkommen des Drachenläufers waren unterschiedlich weit entwickelt. Die größte Kapsel ist rund zwei Millimeter lang. Vermutlich hat der Drachenläufer bis zum Schlüpfen aller Kapseln gewartet, ehe er sich häutete. Die Forscher gehen zudem davon aus, dass sich diese bizarre Methode der Brutpflege im Laufe der Evolution als weniger erfolgreich erwies und daher wieder verschwunden sei. (red, dpa, 4.4.2016)