Wien – Üblicherweise beseitigen Fresszellen (Makrophagen) des Immunsystems Eindringlinge, doch für Legionella-Bakterien sind sie eine Brutstätte. Der österreichische Mikrobiologe Thomas Naderer hat mit Kollegen nun einen Weg gefunden, befallene Makrophagen "in den Suizid zu treiben" und dabei die Erreger mit in den Tod reißen. Die Studie erschien im Fachjournal "Nature Microbiology".

Bei einem Treffen von US-Kriegsveteranen der "American Legion" im Jahr 1976 erkrankten 181 Personen an einer ominösen, lebensgefährlichen Lungenentzündung, die daraufhin als Legionärskrankheit bezeichnet wurde. Zwei Jahre später fanden Forscher die Schuldigen: Bakterien, die sich in der Klimaanlage des Versammlungsortes, ein Hotel in Philadelphia, angesiedelt hatten und den Namen Legionellen erhielten.

Wirkungsvolle Eiweißstoffe

Diese Krankheitserreger können sich besonders trickreich vor dem Immunsystem verstecken und nutzen es sogar für ihre Zwecke aus: Sie verstecken sich in den Fresszellen, die eigentlich Keime aufnehmen und töten sollten. Dort können sie nicht nur wachsen und gedeihen, sondern sie sind auch vor Medikamenten wie Antibiotika recht gut geschützt.

Naderer, der an der Monash University in Clayton (Australien) forscht, hat nun eine Schwachstelle der Legionellen gefunden und einen Trick entwickelt, um sie indirekt mit Medikamenten zu bekämpfen. In den Makrophagen gibt es nämlich zwei Eiweißstoffe, die für das Überleben dieser Immunzellen notwendig sind. Sie heißen Mcl1 und BclXL. Fehlt einer, hat dies keine sichtbaren Auswirkungen. Sind beide weg, begehen die Zellen kontrollierten Suizid (Apoptose).

"Wenn Legionellen Makrophagen infizieren, wird Mcl1 nach zwei Stunden immer weniger, und ist nach sechs Stunden kaum mehr zu finden", so Naderer. In dieser Zeit könne man mit Mitteln, die BclXL ausschalten, den Tod der Makrophagen auslösen. "Legionellen würden dann noch weitere zwölf Stunden benötigen, um sich ausreichend zu vermehren", erklärte er. Sie sterben also ebenfalls ab. Für nicht befallene Makrophagen haben BclXL-Blocker keine Auswirkung, denn sie werden ja weiterhin von Mcl1 am Leben erhalten.

Krebsmedikamente

Solche Mittel gibt es bereits, sie wurden eigentlich für die Krebstherapie entwickelt und heißen ABT-263 (klinisch getestet) und ABT-199 (von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA genehmigt, um diverse Krebsarten zu behandeln), so Naderer.

In Versuchen mit Mäusen konnten Naderer und Kollegen bereits die therapeutischen Möglichkeiten ihres Ansatzes zeigen. Während eine Legionellen-Infektion bei unbehandelten Tieren tödlich endet, verschwanden bei oraler Verabreichung von ABT-263 die Keime aus den Makrophagen der erkrankten Tiere und sie wurden wieder gesund. Diese Therapie könnte auch bei anderen Krankheitserregern funktionieren, die sich in den Zellen ihres Wirts einnisten, vermuten die Forscher. (APA, red, 9.4.2016)