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Wenn sich 3-D-Drucker zunehmend im Heimbedarf durchsetzen, könnte das gut für die Umwelt sein: Herstellung von Teilen nur im Bedarfsfall könnte Überproduktion verhindern.

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Der Hersteller Makerbot ist eines der führenden Unternehmen in der 3-D-Drucker-Branche. Ein beliebtes Modell ist etwa die fünfte Generation des Replicator. Das einfach zu bedienende Gerät kostet rund 3500 Euro.

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Wien – Diese Flasche ist das genaue Gegenteil eines Menschen: Wird sie mit Alkohol befüllt, bleibt sie stehen. Wird sie hingegen mit Wasser gefüllt, fällt sie irgendwann um. Ein praktischer Einsatz des Objekts aus dem 3-D-Drucker ist höchstens für Partyspiele der Kategorie "besonders dämlich" denkbar. Für die Wissenschaft hingegen ist diese Getränkeflasche durchaus von Wert, zeigt sie doch die Möglichkeiten der Optimierung von Hohlräumen 3-D-gedruckter Objekte mittels Computerprogrammen.

Am Institut für Computergrafik und Algorithmen der Technischen Uni Wien wurde eine entsprechende Methode entwickelt, die unter anderem auch an Kunststofffischen ausprobiert wurde: Deren Hohlraum wurde so berechnet, dass sie knapp unter der Wasseroberfläche schweben. Przemyslaw Musialski und sein Team können mit ihrem mathematischen Optimierungsverfahren die gewünschten Formen auf eine Weise erschaffen, dass sie von einem 3-D-Drucker bewältigt werden – scharfe Ecken und Kanten sind nicht möglich. Die Software ist nach Angaben von Musialski nicht fehleranfällig und braucht nur einige Sekunden zur Berechnung des gewünschten Objekts.

Revolution in Teilbereichen

Alkoholisierte Flaschen, schwebende Fische – die Auswirkungen solcher Erfindungen auf das tägliche Leben scheinen recht überschaubar. Und doch wird in ganz unterschiedlichen Bereichen – von der Entwicklung neuer Materialien und Drucker bis zu neuer Software – der 3-D-Druck immer weiter verfeinert, sodass die angesagte Revolution zumindest in Teilbereichen stattfinden wird. In der Industrie ist die additive Fertigung für das Erzeugen von Prototypen schon lange Standard, zunehmend werden auch Einzelteile marktfertiger Produkte gedruckt: So befinden sich in Passagierjets längst Bestandteile aus dem 3-D-Druck, da dieses Verfahren die flexible Herstellung von Kleinserien erlaubt, ohne dass dafür eigene Maschinen bereitgestellt werden müssen.

Inzwischen wird auch in deutlich größeren Dimensionen gedacht: Archäologische Stätten, die von der Terrormiliz IS zerstört wurden, sollen mithilfe von 3-D-Druckverfahren nachgebaut werden. In China werden bereits ganze Wohnhäuser mit dieser Technologie errichtet.

Frustrationstoleranz gefragt

Während die Industrie in immer größeren Dimensionen denkt, scheint die große Euphorie über die Anwendung des 3-D-Drucks im Privatbereich etwas abgeflaut zu sein: Nach der ersten großen Freude über die Möglichkeiten, die ab dem Jahr 2010 Geräte wie der Thing-O-Matic eröffneten, hat sich Ernüchterung eingestellt. Nicht nur erweist sich die notwendige Software bisweilen für Amateurdrucker als etwas mühsam, auch für die Bedienung der Drucker braucht man Geduld und ausgeprägte Frustrationstoleranz.

"In der Praxis konnte vieles nicht so umgesetzt werden wie ursprünglich gedacht", sagt der deutsche 3-D-Experte Peter Schmitt, der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) studierte und derzeit für ein US-Start-up tätig ist, das sich mit 3-D-Druck von Metall beschäftigt. Dennoch schreitet die Entwicklung rasch voran, derzeit eben weniger beachtet als in der ersten Erregungsphase: "Es wird beständig an neuen Materialien, größerer Genauigkeit und schnelleren Druckzeiten geforscht."

An Anwendungsmöglichkeiten mangelt es tatsächlich nicht: Künstler, Modeschöpfer, Modellbau-Fanatiker – sie alle können ihre selbstentworfenen oder auf Online-Plattformen wie 3dsha.re erworbenen Projekte selbst ausdrucken. Verwendet werden auch Scans von Objekten, wie sie beispielsweise mit der Kinect-Kamera der Xbox erstellt werden. Die Drucker für den ambitionierten Heimanwender selbst kosten je nach Anspruch und Einsatzgebiet zwischen 600 und 8000 Euro; je teurer, desto feiner sind die Strukturen aufgeschichtet.

Verfeinerte Technologie

Ein beliebtes Modell ist beispielsweise die fünfte Generation des Makerbot Replicator um rund 3500 Euro – die vergleichsweise einfache Handhabung wird damit erkauft, dass es sich um ein proprietäres System handelt. Die Hersteller können sich nicht mehr wirklich für Open Source erwärmen, dabei war gerade das anfangs ein Turbo für zahlreiche Entwicklungen in diesem Bereich.

Das große Geschäft ist 3-D-Druck in Küche und Hobbykeller noch nicht, doch das könnte sich ändern: Zum einen werden die Drucker immer billiger; so hat vor kurzem der Spielzeughersteller Mattel angekündigt, einen Drucker namens Thingmaker zu verkaufen, der rund 300 US-Dollar (umgerechnet 260 Euro) kosten soll.

Zum anderen wird die Technologie der teureren Geräte dermaßen verfeinert, dass selbst komplizierte Objekte erschaffen werden können. "Letzten Endes bleibt aber die größte Limitierung des 3-D-Drucks, dass immer nur einzelne Teile produziert werden", meint Schmitt. Damit sei man auf Bereiche beschränkt, in denen ein Objekt aus einem einzigen Teil besteht. Denkbar ist die gleichzeitige Weiterentwicklung in mehrere Richtungen: Heimanwender dürfen sich über immer feiner arbeitende Drucker freuen, Kreative können ihre Ideen eigenständig zum Ausdruck bringen; in 3-D-Druckshops und über 3-D-Plattformen wie Ponoko kann jeder das Objekt seiner Begierde anfertigen lassen – von der Miniaturausgabe seines Meerschweinchens oder seiner Schwiegermutter über die selbstkreierte Handyhülle bis zum passgenauen Karabiner.

Umweltfolgen?

Interessant für die Eigenfertigung von Ersatzteilen könnte der 3-D-Druck von Metallteilen sein; genau daran arbeitet Schmitt für Desktop Metal mit Sitz in der Nähe von Boston, das noch im Laufe des Jahres einen ersten Drucker herausbringen will, der mit Aluminium und Titan arbeiten kann.

Ein großes Fragezeichen bleibt die Umweltverträglichkeit des 3-D-Drucks: Bei weiter steigender Verbreitung günstiger Drucker werden die Mistkübel vor Kunststoffobjekten überquellen. Andererseits könnte Plastikabfall – etwa von PET-Flaschen – als Rohstoff für den Druck verwendet werden. Entscheidend wird sein, welche Materialien (sogenannte Filamente) verwendet werden. So basiert PLA (Polylactid) auf dem Rohstoff Maisstärke und ist biologisch abbaubar. Empfehlenswert ist dieser Kunststoff, der vor allem im Heimbereich Anwendung findet, auch hinsichtlich des Ausstoßes von Nanopartikeln beim 3-D-Drucken – dieses Material sorgt laut einer US-Studie für die geringsten Emissionen. Die Nachteile gegenüber Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) wie geringere Festigkeit sollen in naher Zukunft durch Verfeinerung der Drucktechnologien ausgeglichen werden.

Für Schmitt ist noch ein Faktor zu berücksichtigen: "Wenn die Produktion nur dann anläuft, wenn etwas benötigt wird, wäre das gut für die Umwelt, weil dadurch die heute übliche Überproduktion vermieden würde." Anders gesagt: Für jedes Handy-Ersatzteil, das zu Hause gedruckt wird, erspart man sich zehn Teile, die beim Händler herumliegen. Produziert wird nur bei Bedarf – selbst wenn es sich letztlich um eine Flasche handelt, die bei hohem Alkoholgehalt stehen bleibt. (Robert Prazak, 8.4.2016)