Keiko Fujimori verspricht, im Gegensatz zu ihrem Vater Menschenrechte und Pressefreiheit zu respektieren

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Verónika Mendoza Frisch kommt aus Ollanta Humalas Partido Nacionalista Peruano, wechselte aber zum Linksbündnis "Fernte Amplio ("breite Front"), als der Präsident Polizeigewalt gegen Protestierende anordnete.

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Am Sonntag entscheidet Perus Wählerschaft über die Nachfolge Präsident Ollanta Humalas, der laut Verfassung keine zweite Amtszeit absolvieren darf. Glaubt man den Meinungsforschern, wird es in der ersten Runde keine Entscheidung geben. Wer es in die Stichwahl gegen Favoritin Keiko Fujimori schafft, ist unsicher. Bert Eder sprach mit dem Lateinamerikanisten Alcides Benavente Ponce, der in Lima den Wahlkampf verfolgte.

STANDARD: Der aktuellen Ipsos-Umfrage zufolge kommt Keiko Fujimori auf mehr als 40 Prozent der Stimmen, Exweltbanker Pedro Pablo Kuczynski auf fast 20 und die Linksabgeordnete Verónika Mendoza auf 18,4 Prozent. Wen werden wir in der Stichwahl sehen?

Benavente: Umfragen sind hier in Peru leider nicht besonders glaubwürdig: Es ist dokumentiert, dass Exgeheimdienstchef Vladimiro Montesinos das Meinungsforschungsinstitut Datum dafür bezahlte, ihm genehme Umfragen zu erstellen. Dass Mendoza in den Umfragen so stark zugelegt hat und, so man diesen glaubt, sogar in die zweite Runde kommen könnte, ist meiner Ansicht nach damit zu erklären, dass die Machthaber sie als Bedrohung präsentieren wollen. Die Leute sollen Angst vor ihr haben und ihre Stimme lieber Kuczynski oder Fujimori geben, um sicherzustellen, dass sich in Peru nichts ändert. Verónika Mendoza vertritt linke Ansichten und pflegt Verbindungen nach Venezuela. So hat sie kürzlich erklärt, der dort inhaftierte Oppositionspolitiker Leopoldo López sei kein politischer Gefangener, sondern ein Putschist.

STANDARD: Am 5. April, genau 24 Jahre nachdem ihr Vater Alberto Fujimori den Kongress aufgelöst hatte, hat Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori erklärt, sie werde im Falle eines Wahlsiegs Menschenrechte und Pressefreiheit respektieren. Halten Sie diese Versprechungen für glaubhaft?

Benavente: Keiko versucht sich von der diktatorischen Politik ihres Vaters zu distanzieren, aber die Leute glauben ihr das nicht wirklich.

STANDARD: Fordert ihre Partei, die "Fuerza Popular" ("Volkskraft"), immer noch eine Amnestie für Fujimori?

Benavente: Keiko hat erklärt, nicht mehr auf seiner Freilassung zu bestehen und die Entscheidungen der Justiz zu akzeptieren. Kuczynski hat allerdings angekündigt, im Fall seiner Wahl Fujimoris Haftstrafe in Hausarrest umwandeln zu wollen.

STANDARD: Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat kritisiert, dass das neue Gesetz gegen Stimmenkauf offenbar selektiv angewendet wird. Der Kandidat Cesár Acuña wurde deswegen von der Wahl ausgeschlossen. Obwohl es Fotos gibt, die Keiko Fujimori bei der Übergabe von Briefumschlägen voller Bargeld zeigen, darf sie aber antreten. Funktioniert das Gesetz?

Benavente: Das Gesetz wurde im Jänner dieses Jahres, also unmittelbar vor der Wahl, geändert. Der gesperrte Kandidat Acuña versprach in einer Wahlkampfrede Geld und verteilte dann Geschenke. Keiko wurde gefilmt, wie sie an die Sieger eines Tanzwettbewerbs Bargeld verteilen ließ, die Justiz sah das allerdings als "indirektes Geschenk", und sie konnte ihren Wahlkampf fortsetzen.

STANDARD: Der scheidende Präsident Ollanta Humala hat drei Kandidaten, die einen Umbau des peruanischen Wirtschaftssystems fordern, darauf hingewiesen, dass solche Reformen auch finanziert werden müssen ...

Benavente: Perus Gesellschaft ist gespalten: Keiko Fujimori und Pedro Pablo Kuczynski stehen für Kapitalismus und Liberalismus. Verónika Mendoza, Alfredo Barnechea und Gregorio Santos, der seinen Wahlkampf aus dem Gefängnis führt, streben hingegen eine Änderung der Verfassung aus dem Jahr 1993 an, die ausgenommen wirtschaftsfreundlich ist.

STANDARD: Humala selbst gewann allerdings 2011 die Wahl mit dem Versprechen, tiefgreifende Reformen durchführen zu wollen. Was bleibt von seiner Präsidentschaft?

Benavente: Humala hat sich stark verändert. Hier in Peru können sich viele erinnern, dass er bei seiner ersten Kandidatur im Jahr 2006 im roten Poloshirt auftrat, einen aggressiven linken Diskurs führte und auf Unterstützung aus Venezuela und Brasilien zählen konnte. Da dies bei der Wählerschaft nicht besonders gut ankam, trat er bei seiner zweiten Kandidatur dann im weißen Polo auf, mäßigte seine Rhetorik und unterschrieb vor der damaligen Stichwahl gegen Keiko Fujimori sogar eine Erklärung, dass er keinen Systemwechsel anstrebe. Als Präsident vertrat er dann hauptsächlich die Interessen der Rechten. Von Veränderungen in seiner Amtszeit hat die Bevölkerung nicht viel mitbekommen. (Bert Eder, 7.4.2016)