Der von der Uno unterstützte libysche Einheitspremier Fayes al-Sarraj baut seinen Machtanspruch aus.

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Tripolis – Die von der Uno unterstützte Einheitsregierung in Libyen festigt ihren Machtanspruch. In einem Erlass wies die neue Regierung am Mittwoch alle Ministerien und Behörden an, ihre Autorität anzuerkennen. Am Vorabend hatte die bis dahin in der Hauptstadt Tripolis herrschende rivalisierende Führung unter massivem internationalem Druck aufgegeben und den Weg für die Einheitsregierung freigemacht.

Internationale Beobachter sprachen von einer ermutigenden Entwicklung. In Libyen war nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor fünf Jahren die staatliche Ordnung zusammengebrochen, Milizengruppen und rivalisierende Regierungen machten sich gegenseitig die Macht streitig. In Tripolis hatte sich eine von Milizen gestützte Regierung festgesetzt, die international aber nicht anerkannt wurde.

Gegen Blutvergießen

Ihren Rückzug begründete die nichtanerkannte Regierung am Dienstagabend damit, dass sie im Interesse des Landes "Blutvergießen und die Spaltung" Libyens verhindern wolle. Der selbsternannte Regierungschef Khalifa Ghweil und seine Ministerriege gaben damit ihren Widerstand auf und machten Platz für den Chef der neuen Einheitsregierung, Fayes al-Sarraj der von der Uno unterstützt wird.

Sarrajs Regierung erließ erste Anweisungen. Sie ordnete die Zentralbank an, sämtliche staatlichen Guthaben einzufrieren. Gehälter an die Angestellten des öffentlichen Diensts sollen aber weiterfließen. Sie wies zudem alle staatlichen Stellen an, fortan unter dem Logo der Einheitsregierung zu firmieren. Andernfalls hätten sie keinen Anspruch auf staatliche Gelder.

Unterstützung der Uno

Sarraj war am vergangenen Mittwoch mit einigen Kabinettsmitgliedern in Tripolis gelandet, um seinen Machtanspruch mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft durchzusetzen.

Auch der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, befindet sich derzeit in Tripolis. Die Uno sei bereit, "jegliche nötige Unterstützung für eine unverzügliche und friedliche Machtübergabe" bereitzustellen, sagte Kobler einer Nachrichtenagentur. Der Verzicht der nichtanerkannten Regierung in Tripolis sei "eine gute Nachricht", der nun aber noch weitere Taten folgen müssten.

Eine Gegenregierung bleibt

In Libyen gibt es derzeit noch eine weitere Gegenregierung, die bisher noch nicht eingelenkt hat. Sie hat ihren Sitz im ostlibyschen Tobruk. Die neue Einheitsregierung in Tripolis ist Teil eines von der Uno vermittelten Abkommens, das auch eine neue Verfassung und Parlamentswahlen vorsieht. Durch das Machtvakuum konnte sich in den vergangenen Jahren die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Libyen festsetzen, was Regierungen in Europa beunruhigt.

Italiens Außenminister Paolo Gentiloni bezeichnete die jüngsten Entwicklungen bei dem südlichen Mittelmeeranrainer als "ermutigend": "Ich hoffe, dass sich der Geist des Kompromisses bei allen beteiligten Gruppierungen durchsetzt."

Auch Libyen-Analysten sahen Grund zur Hoffnung. Die Expertin Mattia Toaldo vom European Council of Foreign Relations erinnerte daran, dass dem UN-Gesandten Kobler zuletzt mehrfach der Besuch in Tripolis verwehrt worden war. Dass Kobler nun in der Hauptstadt sei, belege "das Ausmaß der Kontrolle, welche die Einheitsregierung in Tripolis ausübt". (APA, 6.4.2016)