Kein anderer – behauptet Donald J. Trump – habe mehr Achtung vor Frauen als Donald J. Trump. Und kein anderer verehre Frauen mehr als er. Es sind Standardsätze einer Kampagne, ebenso oft bemüht wie die Phrasen, dass Amerika in der Welt nichts mehr gewinne, er es aber wieder zu einem großartigen Land machen werde.
In Wahrheit bietet der Bauunternehmer das Bild eines aus der Zeit gefallenen Machos; eine Mischung aus Stammtischbruder und Schulhofrüpel, der beschlossen hat, auf sämtliche Manieren zu verzichten, bloß weil diese Manieren "politisch korrekt" sein könnten. Diese Attitüde könnte ihn im Herbst den Wahlsieg kosten, sollte er tatsächlich den Kandidatenwettstreit der Republikaner für sich entscheiden.
Nicht nur Afroamerikaner und Hispanics, sondern vor allem Frauen werden zusehends zu einem Hindernis, das dem 69-Jährigen den Weg ins Oval Office versperren könnte. Nach einer Umfrage des Wall Street Journal kann sich jede zweite Republikanerin – von den Demokratinnen ganz zu schweigen – nicht vorstellen, am 8. November für ihn zu stimmen.
Im Wahlkampf begann es damit, dass Trump der TV-Moderatorin Megyn Kelly vorwarf, ihre kritischen Fragen seien die Folge von Menstruationsproblemen.
Es folgten abfällige Bemerkungen über das Aussehen Carly Fiorinas, der einzigen Frau unter den konservativen Anwärtern fürs Weiße Haus, und neulich eine Twitter-Attacke gegen Heidi Cruz, die Gattin seines innerparteilichen Rivalen Ted Cruz. Neben ein Foto, das die Goldman-Sachs-Bankerin mit verzerrtem Gesichtsausdruck zeigt, stellte der Milliardär eine vorteilhafte Aufnahme seiner Gemahlin Melania. Dazu der Text: "Bilder sagen mehr als tausend Worte."
Und nur mit fadenscheinigen Argumenten konnte er seinen Kampagnenmanager Corey Lewandowski verteidigen, der eine Reporterin in Florida attackiert hatte – was nun ein juristisches Nachspiel hat.
"Bestrafung muss sein"
Der Tiefpunkt war schließlich erreicht, als Trump in einem Interview mit Chris Matthews von MSNBC über das Thema Abtreibung sprach: Er sei dagegen, betonte der einst deutlich liberalere Trump. Ob Abtreibung also bestraft werden solle? "Es muss irgendeine Form der Bestrafung geben." – "Für die Frauen?" – "Ja, irgendeine Form muss es geben."
Der Sturm der Entrüstung zwang Trump zum Zurückrudern, was Seltenheitswert hat. Bisher hatte er sich nach jedem Fauxpas damit herausgeredet, dass er falsch wiedergegeben oder interpretiert worden sei und dass Medienvertreter notorisch unehrliche Zeitgenossen seien. Diesmal rang er sich zu etwas durch, was für seine Verhältnisse fast schon an ein "mea culpa" grenzt: Nein, nicht Frauen sollten bestraft werden, sondern Abtreibungsärzte.
Monatelang schien sich der Star der TV-Show The Apprentice alles erlauben zu können, ohne seine Erfolgsserie zu gefährden. Aus jeder Kontroverse schien er gestärkt hervorzugehen. Ob er Jeb Bush als energielosen Waschlappen oder Marco Rubio als "Little Marco" verhöhnte: Stets hatten seine Gegner das Nachsehen. Unter dem Eindruck massiver Frauenfeindlichkeit, der sich jetzt immer mehr verfestigt, könnte indes erstmals auch Trump Federn lassen.
"Unüberwindliche Probleme"
"Trumps Probleme mit Frauen scheinen unüberwindlich", doziert Jennifer Lawless, Politologin an der American University in Washington. Es sei praktisch undenkbar, dass er unter Frauen, die wiederum mehr als die Hälfte der Wählerschaft bilden, je eine Mehrheit gewinnen könnte.
Debbie Wasserman Schultz, Chefin des Nationalkomitees der Demokratischen Partei, de facto also Parteivorsitzende, formuliert es eher sarkastisch: Sie hoffe sehr, dass Donald Trump für den Rest dieses Wahlkampfes an jedem einzelnen Tag etwas von sich gebe, sagt die Kongressabgeordnete aus Florida. "Er muss einfach immer weiter so spucken, wie er bisher gespuckt hat." Denn so bekomme seine Kontrahentin Hillary Clinton immer bessere Chancen. (fh, 7.4.2016)