Sechsmal schon war Bundespräsident Heinz Fischer mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin zu bilateralen Gesprächen zusammengekommen. Dass der Zeitpunkt für ihr siebentes – und letztes – Treffen gut gewählt war, betonten beide Seiten. Wer für gute Beziehungen zwischen der EU und Russland eintrete, werde "mit Sanktionen keine Freude haben", hatte Fischer am Mittwoch schon vor seinem Treffen mit Putin im Hinblick auf die EU-Sanktionen gegen Moskau gesagt. Österreich bleibe aber ein loyales EU-Mitglied, und die Sanktionenfrage sei eng mit dem Minsker Prozess verbunden.
Putin beklagte dann nach seinem Treffen mit Fischer das rückläufige Handelsvolumen mit dem Westen, das – so der russische Präsident – eine Folge der EU-Sanktionen und der "erzwungenen Maßnahmen" seitens Russlands sei. Fischer selbst war zuvor von der Nachrichtenagentur Tass zitiert worden: "Es ist wichtig, einen Weg zu finden, diese Sanktionen aufzuheben und zu überwinden."
Auch Syrien war Thema der präsidialen Unterredung. Fischer habe dabei den Eindruck bekommen, dass die Kontakte Moskaus mit Washington funktionieren würden und man gemeinsam bemüht sei, eine "neue Stabilität" für das Bürgerkriegsland zu finden.
Zurück zu den Folgen der Sanktionspolitik: In Moskau sieht man die Mitgliedstaaten der EU sehr differenziert. Das entspricht auch der allgemeinen Einschätzung, der zufolge Russland der EU prinzipiell skeptisch gegenübersteht und seine Außenpolitik daher lieber bilateral ausrichtet.
"Position der Mitte"
Österreich werde dabei als Land wahrgenommen, das eine "Position der Mitte" einnimmt, erklärte Außenminister Sebastian Kurz nach einem Treffen mit seinem Kollegen Sergej Lawrow. Kurz hatte sich, aus Washington kommend, der Wiener Delegation angeschlossen, der Justizminister Wolfgang Brandstetter, Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, Staatssekretärin Sonja Steßl und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl angehörten.
Bei seiner Begegnung mit Fischer lobte Ministerpräsident Dmitri Medwedew zwar den "konstruktiven und freundschaftlichen Charakter" der Beziehungen, dennoch gebe es eine "breite Fragenpalette" zu besprechen: Die Beziehungen zur EU seien "weit vom Idealzustand entfernt".
Rückgang landwirtschaftlicher Exporte
Im Zusammenhang mit den Wirtschaftssanktionen beklagte der österreichische Handelsdelegierte Dietmar Fellner einen Rückgang österreichischer Exporte nach Russland um fast 40 Prozent. Und im Bereich der landwirtschaftlichen Produkte sei das Minus noch wesentlich größer, bestätigte Landwirtschaftsminister Rupprechter im Gespräch mit dem STANDARD. Gemeinsam mit seinem russischen Gegenüber Alexander Tkatschow bereitete er die Zeit nach einem möglichen Ende des russischen Embargos vor, um den Weg zu ebnen für spätere Exporte von Agrarprodukten aus Österreich. Justizminister Brandstetter sprach in Moskau unter anderem über Menschenrechte und Rechtssicherheit für österreichische Betriebe.
Im Wesentlichen berichten die in Russland tätigen österreichischen Firmen von reibungsloser Arbeit. Umso mehr wollte Fischer Probleme offen ansprechen: Eines betrifft den Energieversorger EVN, der einst einen Vertrag mit der Stadt Moskau über die Errichtung einer Kläranlage geschlossen hatte. Nach dem Bürgermeisterwechsel wurde die Umsetzung 2014 aber blockiert. Befürchteter Schaden: 200 bis 300 Millionen Euro. Auch wenn das Problem wohl nicht "hier am Tisch" zu lösen sei, sei es wichtig, dass Gesprächsbereitschaft herrsche, sagte Fischer.
"Richtige Richtung"
Ein weiterer Fall betrifft das Unternehmen Mondi, das in Russland Zellstoff produziert. Die dafür nötige Energie erzeugt die Firma selbst. Neuerdings muss sie die selbstproduzierte Energie aber zunächst verkaufen und sie dann zu einem höheren Preis wieder zurückkaufen.
Allgemein teilt man aber die Auffassung, dass nun die Weichen "in eine richtige Richtung" gestellt seien. (Gerald Schubert aus Moskau, 6.4.2016)