Kanzler Faymann hat die Geschäftsführung der republikseigenen "Wiener Zeitung" "maßgeblich" aus "parteipolitischen Motiven" umbesetzt, findet die Gleichbehandlungskommission.

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Wien – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die Geschäftsführung der republikseigenen "Wiener Zeitung" "maßgeblich" aus "parteipolitischen Motiven" umbesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt nun die Gleichbehandlungskommission im Frauenministerium. Die Kommission vermisst sachliche Gründe für die Ablöse. Karl Schiessl, ehemaliger Geschäftsführer der "Wiener Zeitung", bereitet nun eine Klage vor.

2013 hatte die Republik, vertreten vom Kanzler, den Vertrag mit Schiessl nicht verlängert. Statt des früheren Managers der "Burgenländischen Volkszeitung" und Geschäftsführers der ÖVP Burgenland bestellte Faymann den Parteikollegen und früheren Grazer Stadtrat Wolfgang Riedler. Schiessl rief die Gleichbehandlungskommission an. Und die gab seinen Vorwürfen nun Recht.

Anforderungen

Die Ausschreibung verlangte zum Beispiel "Erfahrung in der wirtschaftlichen Leitung eines Mediums, eines Verlages oder eines vergleichbaren Unternehmens". Diese laut Senat "essenzielle" Erfahrung fehlte Riedler. Dass er überhaupt zum Hearing zugelassen wurde, findet die Gleichbehandlungskommission "auffällig". Die Mitglieder der Auswahlkommission hätten "keinerlei sachlich nachvollziehbare Begründungen" dafür geliefert. Solche Anforderungen seien nicht disponibel, sonst könnte der Zweck des Stellenausschreibungsgesetzes "jederzeit umgangen werden".

Den Ausschlag für die Besetzung gab laut Kanzleramt ein Hearing vor einer Auswahlkommission – zwei Sektionschefs aus dem Kanzleramt, Manfred Matzka und Wolfgang Trimmel, die Aufsichtsratsvorsitzende der "Wiener Zeitung", Astrid Zimmermann, deren Betriebsrat Francesco Campagner und Personalberaterin Gundi Wentner, die schon auf einem roten Ticket im ORF-Stiftungsrat saß.

Rolle der Personalberatung

Die Personalberaterin habe "die Erfordernisse einer fachgerechten, sachlichen und für Bewerber und Bewerberinnen fairen sowie objektiven Unterstützungsleistung nicht erkennbar erfüllt", findet die Gleichbehandlungskommission. "Mangels eines objektivierbaren Auswahlprozesses" hatte sie den Eindruck, dass die Personalberatung "lediglich der sich hierdurch nach außen manifestierenden Objektivierung des Auswahlprozesses dienen sollte".

Die Auswahlkommission habe etwa zwar das Konzept Schiessls zerpflückt, von einem Konzept Riedlers finde sich aber nichts in den Unterlagen – die das Kanzleramt übrigens erst eineinhalb Jahre nach der Anforderung der Gleichbehandlungskommission übermittelte. Das Verfahren dauerte insgesamt drei Jahre. Auch fachliche Bewertungen Schiessls seien "nicht plausibel".

"Weltanschauung" ausschlaggebend

Die Gleichbehandlungskommission folgert in der ausführlichen Entscheidung von 54 Seiten, dass Schiessls "Weltanschauung – in Form seiner politischen Zuordenbarkeit zur ÖVP – tatsächlich ausschlaggebendes Motiv für dessen – für den Senat sachlich nicht nachvollziehbare – Schlechterstellung" gegenüber Riedler war. Für die Gleichbehandlungskommission "steht fest", dass nicht die von Mitgliedern der Auswahlkommission "immer wieder pauschaliert bemängelte Qualifikation des Antragsgestellers, sondern allein dessen politische Orientierung den tatsächlichen und maßgeblichen Grund für dessen Nichtbestellung bildete".

Ein wesentlicher Anlass für die Ablöse dürften Konflikte mit "Wiener Zeitung"-Chefredakteur Reinhard Göweil gewesen sein, dem Schiessl laut Gleichbehandlungskommission "wochenlange" Abwesenheit und Unerreichbarkeit vorwarf.

"Unsinn"

Göweil weist diese Vorwürfe gegenüber dem STANDARD nachdrücklich zurück: "Das ist unwahr und Unsinn." Göweil sieht sich "geradezu in seiner Ehre gekränkt", dass die Gleichbehandlungskommission diese Aussagen ungeprüft zitiere – er sei nicht von ihr geladen worden.

Die Kommission sieht den Konflikt zwischen Schiessl und Göweil im für das Arbeitsleben "üblichen Spannungspotenzial" und sachlich lösbar.

"Angemessener Schadenersatz" empfohlen

Die Gleichbehandlungskommission empfiehlt nun einen "angemessenen Schadenersatz" für Schiessl. Der bereitet nun eine Klage gegen die "Wiener Zeitung" vor, die Klagssumme wird gerade berechnet. Schiessl auf STANDARD-Anfrage: "Ich war fast ein Jahr arbeitslos und hatte natürlich auch in Folge einen Verdienstausfall." Schiessl wurde im Mai 2014 Leiter der Presseabteilung des ÖVP-Parlamentsklubs.

Schiessl will in dem Verfahren nun Bundeskanzler Werner Faymann und Medienminister Josef Ostermayer als Zeugen beantragen – "weil vor allem Ostermayer seine Rolle als Eigentümer immer sehr aktiv wahr genommen hat. Und es nicht davon auszugehen, dass er ausgerechnet an der Bestellung des Geschäftsführers unbeteiligt war". (Harald Fidler, 7.4.2016)