Grün die zurückgelassene Urheimat des Vagabunden 2MASS J1119-1137 (rot).

Foto: David Rodriguez, Jacqueline Faherty, Jonathan Gagné, Stanimir Metchev

Toronto/Wien – Im Jänner präsentierten US-Forscher im "Astronomical Journal" Daten, laut denen am Rande des Sonnensystems ein etwa neptungroßer Planet seine Bahn ziehen könnte. Einstmals verlachte Spekulationen zum berühmt-berüchtigten "Planet X" – seit Plutos Herabstufung zu "Planet IX" geworden – lebten wieder auf, eine Veröffentlichung folgt seitdem auf die andere. Diese Woche beispielsweise legten zwei Astrophysiker der Universität Bern ihre Berechnungen zu Radius und Oberflächentemperatur des wohlgemerkt immer noch hypothetischen Planeten vor.

Western University

Während sich das Rad der Spekulationen munter weiterdreht, ist kanadischen und US-amerikanischen Astronomen andernorts ein wesentlich dickerer Fisch ins Netz gegangen. Mit dem Wide-field Infrared Survey Explorer der NASA und anderen Teleskopen identifizierten sie die Lichtsignatur eines Planeten von der vier- bis achtfachen Masse des Jupiters.

2MASS J1119-1137 ist etwa 95 Lichtjahre von uns entfernt und wird vorsichtig als "planet analog" oder "Objekt planetarer Masse" bezeichnet. Er wäre mit dieser Masse aber deutlich zu klein, um in die Klasse der Braunen Zwerge zu fallen: Solche Beinahe-Sterne liegen unter der Massengrenze für Wasserstofffusion, aber bereits über der Massengrenze für die Deuteriumfusion, wofür mindestens die 13-fache Jupitermasse erforderlich wäre.

Kosmischer Vagabund

Interessant ist der in "The Astrophysical Journal Letters" vorgestellte Exoplanet in mehrfacher Hinsicht. Zum einen kreist er nicht um einen Stern, sondern zieht allein seine Bahn. Astronomen vermuten, dass es in der Milchstraße Milliarden solcher vagabundierender Planeten geben könnte, vielleicht sogar mehr als Sterne.

Zum anderen glauben die Forscher um Kendra Kellogg von der University of Western Ontario, den Weg des Vagabunden bis zu seinem vermutlichen Ursprungsort zurückverfolgen zu können: nämlich zur TW-Hydrae-Assoziation, einer Ansammlung von Sternen, die nur acht bis zehn Millionen Jahre alt sind. Das ist nach kosmischen Maßstäben äußerst jung: Als diese Sterne und ihre Planeten einschließlich des davongeschleuderten 2MASS J1119-1137 entstanden, lebten auf der Erde schon Menschenaffen. (jdo, 7.4.2016)